Dem Meister zu Diensten (von Philip K. Dick)

Applequist arbeitet in den unteren Rängen einer Company. Nach dem großen Krieg ist die Erde weitgehend unbewohnbar, die Menschen schuften in Bunkern, um die lebensnotwendigsten Güter zu produzieren. Applequist ist unter anderem dafür zuständig an der Oberfläche nach brauchbaren Artefakten zu suchen. Eines Tages entdeckt er dabei einen Roboter. Er hat Anweisung jegliche Roboter sofort zu vernichten. Doch der Roboter erzählt Applequist, nachdem dieser ihm Reperaturteile besorgt, den Hintergrund des vergangenen Krieges, den Rangniedere nicht erfahren dürfen: Einst sicherten die Roboter den Wohlstand der Menschen. Doch eine religiöse Sekte, die Moralisten, starteten den Krieg, weil sie der Ansicht waren, Menschen müssten mit ihren eigenen Händen arbeiteten. Die Moralisten gewannen und die Menschheit ist zu ewiger Arbeit verdammt. Applequist hilft dem Roboter, bis er in einem Gespräch mit seinem Direktor feststellt, dass er eine Lüge aufgesessen ist. Nicht die Moralisten, die Roboter selbst haben den Krieg begonnen und Millionen Menschen abgeschlachtet. Als Applequist die Wahrheit erfährt, ist es bereits zu spät: Der Roboter ist so weit repariert, dass er flüchten konnte. Applequists Company Direktor lässt das Areal weiträumig mit Atombomben attackieren – und lässt Applequist als Strafe für seine Tat im Areal zurück.

Wenn Geschichte von den Siegern geschrieben wird, wo liegt dann die Wahrheit? Applequist lebt in einer Gesellschaft, die sich gar nicht erst darum bemüht, irgendeine Wahrheit zu vermitteln. Stattdessen werden Menschen von Applequists Rang schlichtweg alle Informationen verwehrt. Applequist ist daher nicht in der Lage, die Aussagen des Roboters einzuordnen. Er glaubt den vielversprechenden Ausführungen des Roboters und bringt damit die Menschheit in Gefahr. „Dem Meister zu Diensten“ ist daher eine Erzählung über die Gefahren einer nicht aufgeklärten Gesellschaft, in der einzeln unwissend den Versprechungen von Demagogen und Populisten auf den Leim gehen können.

Applequist wird für seine Tat hart bestraft. Das wirkt auf der einen Seite natürlich. Die postapokalyptische Menschheit unterliegt strengen Regeln, die Umgangsformen sind rau. Applequist hat einen direkten Befehl missachtet und dies wird mit dem Tod bestraft. Andererseits könnten in den Aussagen des Roboters doch ein Funken Wahrheit liegen: Steht hinter dem Company-System vielleicht doch die strikte Sekte der Moralisten, die der Ansicht sind, Menschen sollten sich von niemandem entlasten lassen? „Dem Meister zu Diensten“ zieht seine Spannung einzig aus der Frage, wem wir eher vertrauen: Einem strengen Direktor oder einem verletzten Roboter? Und am Ende führt diese Frage wieder zur Ausgangsthematik zurück: Die Wahrheit können wir nur mit relativ robustem und glaubwürdigen Hintergrundwissen einordnen.

„Dem Meister zu Diensten“ (orig. „To Serve the Master / Be as God“), geschrieben 1953, veröffentlicht 1956 im „Imagination“-Magazin ist auf Deutsch unter anderem im Band „Das Vater-Ding“ der Dick-Sammlung „Sämtliche 118 SF-Geschichten in fünf Bänden“ des Haffmans Verlag bei Zweitausendeins erschienen.

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