Rat Catcher’s Yellows (Charlie Jane Anders)

Graces Gattin Shary hat „Rat Catcher’s Yellows“. Dabei handelt es sich um eine Krankheit, unter der einst ausschließlich Tiere litten. Aufgrund resistenter Keime und dem übermäßigen Gebrauch von Antiobiotika gelang es den Krankheitserregern in der Zukunftsversion dieser Kurzgeschichte, auf Menschen überzuspringen. Die Auswirkungen auf Menschen sind fatal und können zu komplettem Organversagen führen. Shary hat „Glück im Unglück“: Ihr Krankheitsverlauf ähnelt lediglich einer Alzheimererkrankung, sie wird es also überleben, nur erinnert sie sich nicht mehr richtig an ihr Umfeld. Grace besorgt ihr daher ein von Therapeuten empfohlenes Spiel „The Divine Right of Cats“. Hier soll Shary als Beraterin für die von Palastintrigen geplagte Katzenkönigin fungieren. Grace stellt die Einstellungen des Spiels so ein, dass vieles Shary an ihr altes Leben erinnert. Tatsächlich geht Shary ganz in der Computersimulation auf – allerdings in anderer Weise als von Grace erhofft.

Anders Science Fiction Kurzgeschichte zeichnet ein berührendes und dennoch etwas düsteres Bild der Demenz der Zukunft. Die Medizin macht zwar vermutlich weiter Fortschritte, der verbreitete Antibiotikums Gebrauch sorgt jedoch dafür, dass zuvor unbekannte Krankheiten die Menschheit plagen. Gegen eine der Nebenwirkungen von „Rat Catcher’s Yellows“, die Demenz, gibt es noch immer keine Heilung. In dieser Zukunft ist der Kampf gegen diese Krankheit genau so schlimm wie heute: Während ein Mensch zunehmend verfällt, dabei äußerlich unmerklich leidet, leiden die Partner oft genau so stark (und deutlich sichtbarer). Die Kurzgeschichte greift diesen Widerspruch, indem Partner dafür sorgen, dass es ihren kranken Liebhabern so gut wie möglich geht und sich dabei selbst hinten anstellen müssen, auf augenzwinkernde und doch berührende Art auf.

Das Computerspiel bietet eine komplette Alternativwelt, in der sich die Dementen Patienten flüchten können. Natürlich vergessen sie gelegentlich Details ihres Katzenkönigreichs, doch diese werden im Spiel geschickt wieder in Erinnerung gerufen. Dabei kommen sogar alte Erinnerungen wieder hoch: Shary nennt ihr Königreich zum Beispiel „Graceland“. Allerdings gelingt es auch hier nicht die wieder erweckten Erinnerungen in einen sozialen Austausch mit Grace zu übertragen. Im Gegenteil, Shary sieht sich immer stärker als mächtige Beraterin einer noch mächtigeren Königin und glaubt in Grace lediglich eine Bedienstete zu erkennen.

Dieser schmerzhafte Prozess transformiert in der Kurzgeschichte in einen interessanten Start eines Heilungsprozesses für Grace in Form einer Convention auf der das Computerspiel im Mittelpunkt steht. Es stellt sich heraus, dass einzig Träger der „Rat Catcher’s Yellows“ Krankheit wirklich gut in dem Katzenspiel sind. Insofern kommen hier nicht nur viele Patienten, sondern auch ihre Partner zusammen. Dieser Abschluss der Erzählung gelingt Anders sehr gut.

„Rat Catcher’s Yellows“ zeigt somit eine naheliegende, wenn auch über den Verlust nicht hinwegtröstende Lösung des Dilemmas. Im Zusammenschluss anderer leidender Partner kann jeder für sich die Stärker gewinnen, weiterhin für kranke Geliebte zu sorgen. Diese potenzielle Stärke in Gemeinschaft wie auch die stete Entfremdung durch Demenz, ist hier in Verbindung mit einer futuristischen Therapieform sehr gut und eindringlich dargestellt.

Die Kurzgeschichte „Rat Catcher’s Yellows“ ist 2015 in der von Daniel H. Wilson und John Joseph Adam herausgegebenen Anthologie „Press Start to Play“ erschienen. Sie ist außerdem ein Beitrag in der Anthologie „The Best American Science Fiction and Fantasy 2016“, herausgegeben von Karen Joy Fowler und John Joseph Adam.

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