Personenschaden (ARD Radiotatort)
|Kommissarin Claudia Evernich möchte ihrer Mutter eine Seriorenresidenz in St. Peter Ording schmackhaft machen. Doch da sie selbst zu viel zu tun hat, übernimmt Staatsanwalt Gröninger, gut mit Evernichs Mutter befreundet, die Aufgabe, die alte Dame an die Nordsee zu begleiten. Doch kaum ist der ICE – bereits mit Verspätung – aus dem Bremer Hauptbahnhof gefahren, kommt er schon wieder zum stehen: Jemand ist vor den Zug gesprungen. Obwohl alles auf einen Unfall hinweist, ist sich Evernichs Mutter sicher, dass es sich um einen Mord handelt. Gröninger ist skeptisch, doch bald deuten auch Evernichs Ermittlungen auf ein Verbrechen hin.
„Personenschaden“ merkt man nicht an, dass es sich um die erste Doppelfolge des Radiotatort handelt. Die Geschichte ist weitestgehend ein Kammerstück: Staatsanwalt Gröninger und Margot Evernich befinden sich im Ruheabteil des ICEs, indem die alte und zunehmend verwirrte Margot langsam panisch wird. Doch ihre Vermutungen werden Realität, als Claudia Evernich auf ein kompliziertes Geflecht aus Bremer Kunsthändlern, Raubkunst und islamischen Terrorismus trifft. Am Ende wird alles noch mit Unsicherheit über Bandenkriminalität oder übereifrige Bürgerwehren vermischt.
Das bietet zunächst einmal viel Stoff für die Folge. Den Autoren des Hörspiels gelingt es zudem, die Handlung mit überzeugenden Charakteren zu verbinden. Vom genervten Fahrgast bis zum Lokführer sind all Nebenrollen sehr überzeugend dargestellt. Das wahre Kunststück ist jedoch, das Margot Evernich – normalerweise die Nervensäge des Bremer Tatorts – auf ein erträgliches Maß zurückgekürzt wird. Sie bringt dadurch notwendige Handlungselemente in den Radiotatort ein, verschwindet aber rechtzeitig, um nicht zu nerven.
Dem Hörer werden bis zum Schluss mehrere mögliche Verläufe des Tathergangs präsentiert. Anstatt dieses Aufzulösen kommt es zu einer mehr oder weniger unerwarteten Kettenreaktion, die Evernich und Gröninger unter hohen Zeitdruck stellt. Als erster Teil funktioniert „Personenschaden“ daher sehr gut: Er ist dicht erzählt, bietet eine Vielfalt möglicher Handlungsverläufe und entwickelt einen überzeugenden Cliffhanger, der das Interesse an der Fortsetzung hoch hält.