Fremdes Paradies (von Philip K. Dick)

Captain Johnson und sein Kollege Brent vermessen einen Planeten. Überrascht stellen sie fest, dass es Spuren von intelligentem Leben auf dem eigentlich als unbewohnt deklarierten Planeten gibt. Der ängstliche Johnson bleibt an Bord, während Brent darauf besteht, den Spuren nachzugehen. Er entdeckt übergroße Katzen, die er als Trophäe mitnehmen möchte. Doch bevor er eines der Tiere erschießen kann, trifft er auf ein übermächtiges Wesen. Erschrocken muss der unerschrockene Brent feststellen, dass die Menschheit im Vergleich zu diesen Aliens allenfalls Ameisen gleicht. Das äußerst attraktive Alien stellt ihn vor die Wahl, zurück zu seiner Art zu gehen oder aber in ihrer Nähe zu bleiben, was jedoch mit dem Preis starker Veränderung einhergehen würde. Brent, in seiner Männlichkeit herausgefordert, bestreitet Angst vor Veränderungen zu haben. Kurz darauf wird Johnson von dem Alien aufgesucht: Brent hat sich in eine Katze verwandelt und wird daher auf dem Planeten bleiben müssen.

„Fremdes Paradies“ greift zwei Themen auf. Auf der einen Seite steht Brents überbordendes Selbstbewusstsein. Er verachtet Schwächling wie Captain Johnson. Dies wird ihm zum Verhängnis: Obwohl das Alien ihn mehrfach darauf hinweist, dass seine Intelligenz beschränkt und sein Mut zu groß ist, tappt er doch in die offene Falle. Mit seinen vermeintlichen mächtigen Waffen und seinem Training fühlt sich Brent zu sicher, unterschätzt die Manipulation durch sexuelle Anziehung und rennt offen in sein Verderben. Diese überzeugende Parabel auf falsch eingeschätzte Stärke ist auch heute noch gültig: Die Nachrichten produzieren immer wieder Beispiele für solche Situationen.

Das andere Thema neben der individuellen Selbstüberschätzung ist die menschliche Selbstüberschätzung. Auch in dieser Zukunftsversion geht die Menschheit davon aus, sich jeden Planeten Untertan machen zu können. Das ist eindrucksvoll an dem Beispiel einer Picknickwiese beschrieben. Brent und Johnson schließen aus, dass bereits Menschen auf dem Planeten waren – ansonsten würden überall Plastikteller und Bierdosen herumliegen. Diese traurige Wahrheit trägt auch über 50 Jahre nach der Veröffentlichung der Kurzgeschichte noch. Das Alien auf dem Planeten zeigt Brent in wenigen Worten und Taten seine Grenzen und damit die Grenzen der gesamten Menschheit auf. Johnson erscheint zunächst schwächlich, angesichts der Ereignisse muss man diese Einschätzung jedoch revidieren: Nur wer trotz der vermeintlichen technischen Überlegenheit noch seine Zweifel bewahrt, das Denken nicht verlernt, kommt hier mit heiler Haut davon. Doch die ständig bestehende Möglichkeit, selbst nicht die Spitze der Evolution darzustellen, wirft natürlich die Frage auf, ob man das eigene Verhalten nicht dementsprechend anpassen sollte. Dicks Zukunftsversion geht davon aus, dass wir unser Überlegenheitsgefühl und unseren Hang zur Umweltvernichtung auch in der Zukunft nicht verlernen.

Zuletzt ist die Kurzgeschichte auch atmosphärisch sehr gelungen: Die fremden Tiere, die verlassene Route und das mysteriöse Alien schaffen aus dem selbstbewussten Blick Brents eine phantastische, verwirrende und dennoch wenig bedrohliche Kulisse, deren Brutalität dadurch umso eindringlicher erscheint. Dick gelingt es hier einmal mehr, den Leser zu unterhalten und mit vielen interessanten Gedanken gehen zu lassen.

„Fremdes Paradies“ (orig. „Strange Eden / Immolation“), geschrieben 1953, veröffentlicht 1954 im Magazin „Imagination“ ist auf Deutsch unter anderem im Band „Das Vater-Ding“ der Dick-Sammlung „Sämtliche 118 SF-Geschichten in fünf Bänden“ des Haffmans Verlag bei Zweitausendeins erschienen.

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