Picknick am Wegesrand (von Arkadi & Boris Strugatzki)

Einzelausgabe (Suhrkamp-Verlag)

Die Erde wurde von Außerirdischen besucht. Die Begegnung war sehr kurz, die Außerirdischen sind schnell wieder verschwunden. Die Zeit reichte jedoch, um allerlei Geräte zu hinterlassen. Nun werden die Orte, an denen Außerirdische auftauchten, von den Vereinten Nationen verwaltet und erforscht. Dadurch soll garantiert werden, dass es zwischen den Menschen keinen Wettbewerb um Alientechnologie gibt. In der Zone von Harmont ist Rodric Schuchart einer der Stalker, die gegen die geltende Gesetzeslage, die Zone betreten, um die dort gefundenen Gegenstände auf dem Schwarzmarkt zu veräußern. Dabei riskiert er zusammen mit seinen Gefährten ständig sein Leben, den der Alienbesuch hat nicht nur wertvolle Gerätschaften, sondern auch brutale Todesfallen hinterlassen.

Die Zone, die die Außerirdischen hinterlassen haben ist ein Albtraum. Die verlassenen Teile der Stadt Harmont sind nicht nur enorm dreckig und verschlammt, hinter jeder Ecke warten „Fliegenklatschen“ oder andere tödliche Fallen. Die Stalker, die allesamt aus der einstigen Harmonter Arbeiterklasse zu stammen scheinen und auf das schnelle Geld hoffen, verhalten sich derb und grob. Gewalt und Abneigung stehen auf der Tagesordnung. Rodric ist dabei beinahe eine Ausnahme, anders als manche seiner Kollegen kümmert er sich zumindest rührig um seine Frau und seine Freunde. Der Roman ist weitestgehend aus seiner Perspektive erzählt, wodurch man bei jedem seiner Überlebenskämpfe in der mysteriösen Zone mitfiebert.

Im Mittelpunkt des Stalker-Lebens steht das Geld. Jeder Stalker hat die Erfahrung gemacht, durch ein erstohlenes Stück Alientechnologie für eine Weile sorgenfrei leben zu können. Es überwindet Mangel und befreit von der in Harmont allgegenwärtigen Bürokratie der Vereinten Nationen. Obwohl es außerhalb der Zone durchaus Solidarität, in Form zum Beispiel von Rodrics liebender Freundin aber auch gutmeinender Mitarbeiter des Harmonter Instituts für Außerirdische Kulturen gibt, zieht es Rodric immer wieder in die Zone. Der Roman greift die Motivation lange Zeit nicht direkt auf. Und dennoch steht diese Frage nach mehreren Gefängnisaufenthalten Rodrics immer stärker im Raum. In einem letzten brutalen Besuch der Zone konfrontieren die Autoren Rodric und die Leser schließlich mit der Sinnfrage hinter dem scheinbar urmensclichen Streben nach Reichtum. Das kontinuierliche Streben des Romans in Rodrics Seelenwelt ist sehr überzeugend und sorgt für ein eindringliches Ende.

Strugatzki, Gesammelte Werke 2 (Heyne) enthält „Picknick am Wegesrand“

Gegenübergestellt wird diese Sucht nach Geld die Frage, was es mit der Zone eigentlich auf sich hat. Die Vereinten Nationen scheinen sie mehr schlecht als recht zu verwalten, schließlich gelingt es den Stalkern ständig, Gerätschaften herauszuschmuggeln. Die großen beziehungsweise gefährlichen Waffen scheinen nicht darunter zu sein. Worum handelt es sich also bei der Zone? Während Skeptiker von einem misslungenen Experiment der Regierung ausgehen, weisen radikalere Stimmen darauf hin, dass es die Außerirdischen möglicherweise lediglich ein kurzes Picknick auf der Erde veranstaltet haben. Die Menschheit wäre für sie dann nichts als lästige Ameisen, die sich an dem für sie völlig ungesunden Plastik für ein paar Leckerbissen abarbeiten. Diese Antwort provoziert die gierigen, selbstzentrierten Menschen, die alles dafür tun, ihre selbstlosen Seiten zurückzuhalten, maßlos. Diese Gegenüberstellung des vergeblichen Streben nach Glück in Form von Geld, für das Menschen bereit sind ihr Leben zu riskieren, und der völligen Ignoranz, die die Quelle dieses Glücks ihnen gegenüber aufbringt, macht dieses Alien-Szenario so spannend wie eindringlich.

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