Die überleben dürfen (von Lucy Guth / Maddrax Band 455)

Matt und seine Begleiter erreichen Bodrum. Kurz vor der dortigen Techno-Enklave stoßen sie auf einen toten Wulfanen sowie einen toten Techno. Zunächst wirkt es, als hätten sich die beiden Männer gegenseitig umgebracht. Kurz darauf stellt sich jedoch heraus, dass der Wulfane Medikamente für sein Dorf besorgen sollte und der Techno ihm dabei half. Matt scheint einem größeren Verbrechen auf der Spur zu sein. Um dieses aufzuklären, muss er sich auf die Wulfanen stützen. Dabei wird einmal mehr deutlich welche moralischen Schwierigkeiten es für Matt als Botschafter der Friedenswahrer mit sich bringt, darüber zu entscheiden, wer die Erde verlassen darf.

Matt trifft auf die Techno-Community in Bodrum angesichts der drohenden Apokalypse der Erde: Der Mond ist aus seiner Umlaufbahn geraten und droht über der Erde abzustürzen und dabei alles Leben zu vernichten. Das können Techno-Communities mit ihren Instrumenten bereits vorhersehen. Angesichts der veränderten Wetterbedingungen haben die Wulfanen und Technos von Bodrum ihre jahrzehntelange Fehde beigelegt und unterstützen einander. Gleichzeitig hat sich unter der Techno-Jugend Fatalismus breit gemacht; einige von ihnen haben sich vor Matts Ankunft sogar das Leben genommen. Dies ist ein sehr gelungenes Szenario, zeigt es doch wie eine nahende Katastrophe sowohl positive (Frieden zwischen Wulfanen und Technos), negative (unveränderte Angriffslust der Izmir-Technos) als auch fatalistische (Jugendselbstmord) Seiten der Menschheit freilegt.

Die Handlung der Erzählung ist äußerst brutal: Außerhalb des Techno-Bunkers zieht ein Mörder umher, der sowohl Wulfanen als auch Technos auf grausame Art tötet. Als Leser kann man sich rasch denken, dass dies etwas mit der jugendlichen Endzeitsekte zu tun hat. Das liegt unter anderem daran, dass man von Beginn an Einblicke in die Gedankenwelt der Wulfanen hat und diese als Täter somit ausschließen kann. Außerdem ist dies nicht schlimm: Der (spannende) Höhepunkt der Folge ist die Auseinandersetzung zwischen dem mordenden Techno-Jugendlichen und der Techno-Anführerin.

„Die überleben dürfen“ weist jedoch bereits im Titel auf ein weiteres von Matts Problemen hin. Er wurde von den Friedenswahrern mit Signalgebern ausgestattet. Damit soll er die Menschen identifizieren, die es wert sind, vor dem herabstürzenden Mond in das System der Friedenswahrer gerettet zu werden. Der Leser weiß längst, dass dort nichts Gutes auf die Menschheit wartet. Matt glaubt jedoch noch, dass dies eine Rettung ist. Bisher ist er automatisch davon ausgegangen, lediglich Menschen und keine Mutanten zu retten. Dieser Heftroman macht sein Vorgehen deutlich komplizierter, da er realisiert, dass auch Wulfanen und anderen Mutanten es wert sind, gerettet zu werden. Dieser Lernprozess drängt sich in der Handlung nicht in den Vordergrund, wird aber immer überzeugend im Hintergrund weiter entwickelt und zu einem überzeugenden Abschluss gebracht.

Die Episode überzeugt daher nicht nur durch eine spannende Erzählung, sondern auch durch die aufgegriffene interessante Grundfrage, die dem derzeitigen Zyklus beiwohnt: Wie kann Matt seine Entscheidung, wer gerettet werden soll, rechtfertigen? Es wäre grandios, wenn seine Entscheidung, auch Wulfanen und andere Mutanten zu retten, letztlich dazu führt, dass der finstere Plan der Friedenswahrer durchkreuzt wird.

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