The Game of Smash and Recovery (von Kelly Link)

Anat ist sich im Leben über eines Sicher: Ihr Bruder Oscar liebt sie. Ihre Eltern sind auf einer Mission, aufgebrochen kurz nachdem sie geboren wurde. Seitdem kümmert sich Oscar um sie. Ständig in Kontakt mit ihren Eltern, beschützt durch mächtige Waffenmaschinen, die „Handsmaids“, und umgeben von blutsaugenden Vampiren, schafft Oscar eine spielerische Umgebung für seine kleine Schwester. Der Kontakt mit den Eltern ist nur durch eine Maschine in Oscars Kopf möglich; Oscar scheint mindestens ein Cyborg, vielleicht eine künstliche Intelligenz mit eigenem Körper zu sein. Anats Fähigkeiten wachsen exponentiell an, in allen Spielen ist sie Oscar überlegen, gäbe es nicht die eine Regel, wonach sie eine bestimmte Grenze im Spiel nicht überschreiten darf.

Das Verhältnis zwischen Mensch und Maschine ist ein altes Science Fiction Thema. Auch die Grauzonen zwischen diesen beiden „Extremen“ haben mittlerweile viel Beachtung erfahren. Link nähert sich ihrer Fragestellung, wie eine künstliche Intelligenz im Körper eines jungen Mädchens aufwächst, in einem sehr fantastischen Setting an: Anats und Oscars Eltern scheinen Schrotthändler, möglicherweise gar Schmuggler zu sein. Auf dem Planeten leben in erster Linie Vampire und die beiden jungen Intelligenzen überleben hauptsächlich dank der von den Eltern zurückgelassenen Kampfmaschinen. Anat ist sich ihrer Selbst zudem nicht ganz bewusst: Ihre eigentliche Herkunft und scheinbar auch ein Großteil ihres Programmes sind ihr selbst nicht bewusst.

In diesem Rahmen ist „The Game of Smash and Recovery“ eine kurze Erzählung über Liebe zwischen künstlichen Intelligenzen, die so weit geht, dass man sich selbst verleugnet, um – in diesem Fall – der Schwester ein selbstbestimmtes und vor allem sich Selbst bewusstes Leben zu ermöglichen. Dass dies mit einem hohen Maße an Einsamkeit verbunden sein kann, wird in dieser Geschichte eben so deutlich wie eine anrührende Auflösung, in der Einsamkeit durch falsch erscheinende, aber tröstende Erinnerungen besiegt wird.

Letztlich stellt sich jedoch die Frage, ob es für diese Selbsterkenntnisreise Anats so viele unterschiedliche und fantastische Elemente wie zum Beispiel die Vampire und Handsmaid braucht. Viele der ausschmückenden Details der Kurzgeschichte tragen nichts zum Handlungsverlauf bei und sorgen gleichzeitig ebenfalls nicht dafür, dass man ein schillerndes Universum vor Auge hat. Stattdessen tragen sie zu einem merkwürdig inkonsistenten Eindruck bei, indem zu viele Ansätze auf zu engem Raum miteinander vermischt werden.

Die Kurzgeschichte atmet zwar den Geist einer abstrakten und gleichzeitig unglaublich detaillierten Auseinandersetzung mit der Existenz und Einsamkeit künstlicher Intelligenzen. Der Platz, den all die Nebensächlichkeiten einnehmen, hätte jedoch auch gut genutzt werden können, um Anats Entdeckung ihrer Selbst mehr Tiefe zu verleihen.

Die Kurzgeschichte „The Game of Smash and Recovery“ ist 2015 in der Online-Zeitschrift „Strange Horizons“ erschienen. Sie ist außerdem ein Beitrag in der Anthologie „The Best American Science Fiction and Fantasy 2016“, herausgegeben von Karen Joy Fowler und John Joseph Adam.

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