Fortune Smiles (von Adam Johnson)

fortune-smilesIn „Fortune Smiles“ präsentiert Adam Johnson sechs Kurzgeschichten. Alle Geschichten nehmen den Leser auf eine kurze Reise in einen ungewohnten emotionalen Extremzustand. Das Themenspektrum beinhaltet Krekserkrankungen in Nirvana und Interesting Facts, Charakterwandlungen während des Hurrican Katrinas in Hurricanes Anonymus, das Exilleben von Nordkoreanern in Fortune Smiles, das Leben eines Stasigefängnisdirektors in Rente in George Orwell was my Friend und das schmerzhafte Pendeln eines Missbrauchopfers zwischen Pädophilen und der Polizei in Dark Meadow.

Johnson gelingt es, den Leser bereits mit den ersten Seiten jeder Kurzgeschichte in eine andere Weltsicht zu entführen. Jede Darstellung hat einen dunklen Kern – Krebserkrankungen, Exilerfahrungen sowie Pädophilie sind schließlich alles andere als leichte Themen. Johnson verbindet in jeder Geschichte das Kämpfen der Charaktere mit ihrem Dasein und der Liebe mit einem politischen Hintergrund – sei es das Hologram eines ermordeten Präsidenten oder die Großwetterlage im diktatorischen Nordkorea. Dadurch sind alle Geschichten in einen größeren Kontext eingebunden, der entweder aus einer Katastrophe (Katrina), eine Krankheit (Krebs, Pädophilie) oder einem Regimewechsel (Nord- und Südkorea, Ostdeutschland) besteht.

Der Fokus der Geschichten liegt dennoch auf dem Eintauchen in ein fremdes Weltbild. Ob das die geschlossene Sicht eines Stasihauptmanns auf seine frühere Arbeitsstätte ist oder die Abscheu eines Missbrauchsopfers auf seine eigenen pädophilen Neigungen im Angesichts junger Menschen, Johnson gelingt es durch einen gleichzeitig emotionalen und dennoch wertfreien Schreibstil die verschiedensten Ansichten in knappen Worten erfahrbar zu machen. Das ist beeindruckend, authentisch und fesselnd.

Jeder Protagonist ist in gewisser Weise auf der Suche nach einem radikalen Bruch, einem Wandel, der ein besseres Leben ermöglicht und doch gleichzeitig erlaubt die eigene Persönlichkeit zu bewahren. Jede Geschichte präsentiert dem Leser die Suche nach diesem Wandel. In der Regel hat dies mit der Liebe zu anderen Personen zu tun. In einigen Fällen tritt dadurch jedoch die Ausweglosigkeit der Situation hervor. In anderen Situationen bedeutet es aber auch das Hinwenden zu einem zarten Aufbruch in bessere Verhältnisse. Alle Geschichten bleiben offen genug, dass man das Schicksal der überzeugenden Protagonisten weiterdenkt. Egal ob der Aufbruch gelingt oder nicht, die Geschichten bleiben im Gedächtnis und sind immer mit der Frage verbunden, ob ein Ausbrechen aus dem Status Quo wohl gelingen mag.

„Fortune Smiles“ ist eine Antalogie mit individuellen Extremsituationen. Diese sind fantastisch und authentisch dargestellt, sodass jede Kurzgeschichte ein Einblick in eine andere, fremde Welt ist. Das entwickelt eine enorme Sogwirkung, die noch lange nach der Lektüre der jeweiligen Kurzgeschichte anhält.

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