Im Auftrag des Mars (von Jana Paradigi / Maddrax Band 441)
|Die Gesellschaft auf dem Mars ist noch immer damit beschäftigt, die Zerstörungen des zurückliegenden Bürgerkrieges zu beheben. Während der Wiederaufbau nur schleppend voran geht, ist es gelungen, die Sprache der Hydree zu übersetzen. Dadurch stehen den Marsianern nun alte Anlagen zur Verfügung, mit denen alle Resourcenprobleme gelöst werden könnten. Doch zur Aktivierung braucht es den genetischen Code eines Hydree. Dementsprechend muss ein Marsianer zur Erde reisen, um einen Hydriten (die Nachfahren der Hydree) zum Mars zu bringen. Für die gefährliche Reise auf die postapokalyptische Erde meldet sich ein Archäologe freiwillig und muss ein hartes Trainingsprogramm absolvieren. Im Hintergrund droht dem Mars jedoch Gefahr von anderer Seite: Eine Gruppe Populisten schickt sich an, das auf Stabilität ausgerichtete Regierungssystem zu zerstören.
Hinter dem grandiosen, Retrofuturismus ausstrahlenden Titelbild des Heftromans verbirgt sich eine waschechte Irreführung des Lesers. Der Titel suggeriert schließlich, dass hier jemand im Auftrag des Mars arbeitet. Tatsächlich geht es im ganzen Roman lediglich darum, einen Kandidaten für den besagten Auftrag zu finden. Da „Maddrax“ sonst äußerst stimmig Titel aufweisen kann, verwundert dieser Missgriff.
Im Mittelpunkt des Romans steht die Präsidentin des Mars Chandra Tsuyoshi. Bisher wurde dieser Titel innerhalb ihrer Familie vererbt, die einflussreichsten anderen Familien sind zudem im Rat des Mars repräsentiert. Dieses Arrangement soll Frieden und Stabilität garantieren. Innerhalb von Tsuyoshis Regentschaft ist der Wiederaufbau mit Ach und Krach gelungen, doch die Bevölkerung murrt über die unzureichende Resourcenversorgung. Noch immer sind viele Alltagsgegenstände Mangelware. Dies ist ein Einfallstor für Populisten. Die „Jungen Starken“ kritisieren Tsuyoshis Regierung und fordern freie Wahlen.
Im Laufe des Romans versucht Tsuyoshi ihre Tochter Nomi als Nachfolgerin aufzubauen, die sich in freien Wahlen gegen die Populisten behaupten soll. „Im Auftrag des Mars“ konzentriert sich darauf, Nomi näher vorzustellen und ihren langen Weg auf dem Weg zur Präsidentschaft nachzuzeichnen. Dabei gelingen Paradigi zwei Aspekte besonders gut. Auf der einen Seite vermag sie es, Nomis anfänglichen Unwillen gegen ihre Aufgabe überzeugend zu überwinden. Paradigi charakterisiert die junge Frau sehr glaubwürdig und schreibt ihr zudem eine sehr gelungene und zarte Liebesgeschichte zu. Nomi emanzipiert sich auf diesem Weg von ihrer politischen und realen Ziehmuter Tsuyoshi und erarbeitet eine eigene, weltoffene und pragmatische Vision für die Zukunft des Mars. Auf der anderen Seite vermag Paradigi im typischen knappen Heftromanstil die grundlegenden Argumentationsmuster populistischer Bewegungen und ihre dabei gleichzeitig vorhandene Verstrickung zu existierenden Eliten (in deren Interesse sie letztlich agieren) auszuarbeiten. Das funktioniert überraschend gut und ist dabei nicht belehrend, sondern sehr unterhaltsam.
Nach vielen Katastrophen gönnt sich die Serie sogar einen positiven Ausgang: Die Populisten können am Ende durch ein glaubwürdiges, tolerantes und lösungsorientiertes Programm in ihre Schranken gewiesen werden. Angesichts aktueller politischer Entwicklungen wird sich im kommenden Jahr zeigen, ob die postapokalyptische Serie „Maddrax“ mit dieser unterhaltsamen Erzählung ein realistisches oder ein utopisches Bild gezeichnet hat.