Unten am Fluss (ARD-Radiotatort)

radiotatortHarry Hoger wird nach vielen Jahren aus dem Gefängnis entlassen. Er begibt sich kurz darauf zu seinem Jugendfreund, dem Obdachlosen Luk in Bruk. Die Stimmung in Bruk ist gereizt: Die Stadt wird von Brandanschlägen heimgesucht und die Bevölkerung verdächtigt die Flüchtlinge der Brucker Unterkunft. Bei einem der Anschläge kommt eine alte Frau ums Leben, die Polizei ermittelt. Die Indizien sprechen alle dafür, dass Harry hinter den Anschlägen steckt.

Der bayrische Radiotatort folgt einem merkwürdigen Aufbau. Der Zuhörer weiß in den ersten zehn Minuten gar nicht richtig, was überhaupt geschieht. Zwar wird der Fall, der Harry einst hinter Gittern gebracht hat, überzeugend eingeführt, die anschließende Sauforgie von Harry und Luk ist jedoch etwas langatmig. In Verbindung mit dem Hass auf Flüchtlinge und dem Brand erscheint es zunächst so als versuche dieser Tatort unnötig viele Handlungsstränge in eine Einleitung einzubauen. Das ist verwirrend.

Zu einem gewissen Grad passt es jedoch zu dem Thema das Tatorts. Schließlich werden die Ermittlungen der Polizei auch davon behindert, dass Teile der Bevölkerung Flüchtlingen die Schuld für den Brandanschlag geben. Ein Großteil des Hörspielzeit verwenden die Autoren darauf, die Polizisten die Quelle dieses Gerüchts ermitteln zu lassen. Die Verwirrung am Anfang des Spiels entspricht somit der Verwirrung, die in der fiktiven Welt Brucks herrscht. Allerdings können auch diese Ermittlungen nicht ganz überzeugen. Es wirkt etwas übertrieben, dass die Polizei einzelnen Facebook-Einträgen auf der Brucker Stadtseite nachgeht. Die Verwunderung der Bevölkerung über diese Art der Ermittlungen ist durchaus verständlich.

Die Auflösung der Flüchtlingsgerüchte ist immerhin amüsant: Letztlich ist die Quelle der Gerüchte ein falsch verstandener ironischer Kommentar eines Polizisten. Dies ist der erzählerische Höhepunkt dieses Tatorts. Denn die Szene illustriert schön wie aufgeheizt die Stimmung in manchen (Klein)Städten bereits ist, sodass selbst Witze für Pauschalverurteilungen sorgen können.

Der eigentliche Kriminalfall ist ungleich banaler. Hier möchte ein Immobilienbesitzer ein Haus abreißen und sich seiner letzten, störrischen Mieterin entledigen. Die Geschichte ist nicht besonders spannend und nicht sehr pfiffig konstruiert. Interessant wird sie dadurch das der (vermeintliche) Polizistenmörder Harry Hoger für die Polizei ein angenehmes Ziel ist. Durch seine zweite Straftat werden die Zweifel darüber, ob er einst tatsächlich einen Polizisten getötet hat ausgeräumt. Daher werden Aussagen, die Zweifel an der Schuld Hogers streuen, wissentlich ignoriert. Der Tatort hätte gut daran getan, sich ganz auf diesen spannenden Zusammenhang zu konzentrieren und die unnötigen Nebenhandlungen wegzulassen.

Stattdessen endet der Fall zwar damit, dass der wahre Täter überführt ist, nur wird ein merkwürdig, hierarchisches Verhältnis zwischen einzelnen Beamten aufgebaut und nicht ganz erklärt. Die Streifenpolizei hat den Fall aufgeklärt, die Mordkommission ist sauer. Das ist ein merkwürdiges Ende, das weit hinter dem Potenzial dieses teilweise verworrenen aber mit seinem Kernthema durchaus interessanten Tatort bleibt.

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