Gedankensplitter 30/2016
|München & Opportunismus (I): Nach den Schreckensnachrichten der vergangenen Woche, hielt eine Gewalttat am Freitag München in Atem. Während die Hintergründe der Tat noch nicht offengelegt sind, fordern erste deutsche (CDU/CSU-)Politiker bereits stärkere Sicherheitsmaßnahmen, eine Wiederaufbelebung der Killerspieldebatte oder im extremsten Fall strengere Asylgesetze. Ich verstehe, dass man, wenn man eine politische Agenda hat, jede Chance, diese voranzutreiben, nutzen möchte. Doch die Instrumentalisierung solch einer schrecklichen Tat, um seine persönliche Abneigung gegenüber gewalttätigen Computerspielen oder aber gegenüber Einwanderern in die Debatte einzubringen, ist schlicht pietätlos. Obwohl sich langsam aber sicher, dass die Tat (zumindest mit islamistischem) Terrorismus nicht in direkter Verbindung steht, wirken die noch extremeren, die Tat instrumentalisierenden Kommentare, wie die Feststellung des sächsischen CDU-Politikers Krah, die Willkommenskultur sei tödlich, noch pietätloser. Möge diese miserable Reaktion in Erinnerung bleiben.
München & Opportunismus (II): Jeder Anschlag passt in die Agenda einer immer internationaler agierenden populistischen Bewegung. Insofern versuchten Donald Trump, Boris Johnson und Heinz-Christian Strache (FPÖ/Österreich) möglichst rasch mit einem islamistischen Hintergrund des Täters Kapital zu schlagen. Das ist so pietätlos wie bei deutschen Politikern. Hier kommt aber noch eine weitere Ironie hinzu: Diejenigen, die sich auf nationale Selbstbestimmung, geschlossene Grenzen und die Eigenverantwortung eines jeden Staates berufen, sind die ersten, die die deutsche Flüchtlingspolitik kritisieren. Ob sie das wohl andersherum genau so gut ertragen könnten? Das ist populistische Unmoral und Doppelmoral in einem.