Vollendung (von Andreas Suchanek / Das Marsprojekt Band 6)
|Kirby ist auf der Brücke eines Prototyp-Schiffes in Bedrängnis: Der einstige Schicksalswächter und Agent Jake Fooley steht ihr gegenüber, an seiner Seite der mental konditionierte Czem Özenir. Sie hat keine Chance. Derweil versucht ihre Crew den Maschinenraum des Schiffes unter Kontrolle zu bekommen, während die Terraner den aufgrund eines mysteriösen Nebels sterbenden Marsianern zu Hilfe kommen.
„Vollendung“, das merkt man deutlich, ist der Versuch eines großen Wurfes und ist dann letztlich nur ein den vorherigen Episoden der Miniserie würdiges Finale: Nichts funktioniert wie es soll, wenige Handlungsstränge überzeugen und am Ende bleibt der Leser enttäuscht zurück.
Zunächst einmal ist die Folge überfrachtet: Jake Fooley wird aus der Handlung geschrieben, der Mars muss gerettet werden, das später als Jayden Cross II betitelte Schiff unter Kontrolle gebracht werden und dann auch noch der merkwürdige Raumriss untersucht werden und damit die auf dem Mars geschehende Verschwörung aufgeklärt werden. Das ist viel zu viel für eine Erzählung in Heftromanlänge. Dadurch kann keinem Handlungsstrang der Platz eingeräumt werden, den dieser verdient.
Darüber hinaus können die Ereignisse nicht überzeugen. Natürlich rennen Kirby und ihre Crew wieder viel herum, geraten in einen Anschlagsversuch nach dem nächsten. Doch das hat man in den vergangenen fünf Bänden bereits zur Genüge erlebt. Um die Handlung interessant zu machen, hätte das Marsprojekt endlich eine interessante Geschichte gebraucht. Jake Fooleys Motivation für seine Taten, so wurde im vergangenen Teil enthüllt, ist seine Liebe zu einer Frau. Dies wird kaum angerissen, der Agent einfach erschossen. Das ist eine ungenutzte Chance. Das schwierige Verhältnis zwischen der Erde und dem Mars wird ebenfalls thematisiert, am Ende aber oberflächlich abgehandelt: Nach Jahren des Krieges nutzt die Erde den Nebel auf dem Mars, um den Planeten zu besetzen und seine Bewohner gefügig zu halten. Alle sind ein wenig entsetzt darüber, freuen sich aber, dass jetzt zumindest Frieden herrscht. Na toll. Zum Abschluss treten natürlich die Wesen auf, die tatsächlich hinter Freeman standen und ihn vor langer Zeit durch ein Biowesen ersetzt haben. Sie können hier in letzter Sekunde gestoppt werden, über ihre wahren Ziele, ihre tatsächlich Herkunft usw. erfährt man fast nichts. Da sie die treibende Kraft hinter den Ereignissen in der Miniserie waren, ist das eine herbe Enttäuschung. Denn trotz der teilweise sehr schwachen Bände hat man doch immerhin auf eine abgeschlossene und in der Gesamtschau überzeugende Handlung gehofft. Doch auch „Vollendung“ hat den Informationsgehalt eines unterdurchschnittlichen Füllromans.
Völlig unverständlich ist, warum die Charaktere weiterhin so flach gezeichnet werden müssen. Die Miniserie irritierte mit teilweise exzessiven Rückblenden. Darauf hätte man im Finale aufbauen müssen, doch davon geschieht nichts. Stattdessen muss gefühlt jeder Protagonist in eine lebensbedrohliche oder zumindest emotional schwierige Lage gebracht werden. Das mag einmal funktionieren, doch spätestens die zweite Bombe wirkt eintönig und nicht überzeugend. Auch die emotionalen Szenen sind stereotyp, vorhersehbar und irritierend platt.
Natürlich tritt Yuna Ishida auch in diesem Teil wieder auf. Diesmal krönt sie die bisherige Liste an Absurditäten um die Schicksalswächter mit einer Kugel, die vorerst Kirbys Alterungsprozess aufhält. Fantastische Handlungen müssen nicht schlecht sein. In dem einst bodenständigen (und im Laufe der Zeit zugegeben fantastischeren) Heliosphere 2265-Universum wirkt die Handlung um Yuna Ishida und ihre Schicksalswächter aber in erster Linie absurd. Leider wird dieser Handlungsstrang nicht mit der Miniserie abgeschlossen, sondern als Ballast in die Hauptserie übernommen. Es bleibt zu hoffen, dass Suchanek hier zumindest noch überzeugendere Hintergründe auf Lager hat.
„Vollendung“ mündet nach diesem konfusen und halbgaren Mix in die Hauptserie, wo die Jayden Cross II auf die Hyperion unter der Führung des tatsächlichen Jayden Cross stößt. Suchanek kann sich nun wieder voll auf eine Handlung konzentrieren. Von dem Marsprojekt bleibt letztlich nur ein neuer, bisher äußerst langweiliger Feind, ein zweites Sonnensystem für Handlungsausflüge und vor allem der paraphysische und absurde Hintergrund Yuna Ishidas und ihrer Schicksalswächter. Setzt die Reihe diesen Trend fort, kann man mit bodenständigen Science Fiction Geschichten in Heliosphere 2265 nicht mehr rechnen.
Wie zu den (überzeugenderen) Heliosphere 2265-Zyklen erscheint am kommenden Montag an dieser Stelle ein kleiner Rückblick auf die durchwachsene Miniserie.