Hundert von hundert (ARD-Radiotatort)
|Ein Media Consultant wird in Sachsen-Anhalt ermordet, man findet Drogen bei ihm. Annika de Beer ist jüngst von einer Tagung zurückgekehrt und macht keine Anstalten, dem Fall besonderes Interesse entgegen zu bringen. Seit ihr einstiger Kollege Fischer seinen Ruhestand angetreten hat, arbeitet sie unter hoher Belastung allein. Nun hat sie endlich eine neue Kollegin und behandelt sie ungerecht und scheint insgesamt kein Interesse an dem Fall zu haben. Während die „Neue“ den Fall zu lösen hat, versuchen Fischer und die Sekretärin Blümchen, herauszufinden was Annika so zusetzt bevor ihr Chef sie suspendiert.
Hundert von hundert ist der 100. Fall der Radiotatort-Reihe. Um dieses Jubiläum zu feiern gibt es viele Anspielungen auf andere Reviere. Das ist überraschend gut in die Handlung eingebaut, wirkt auf Dauer jedoch etwas ermüdend. Andererseits funktioniert es im Einzelfall so gut, dass man darüber nachdenken könnte in Zukunft immer mal Querverweise auf Fälle einzubauen. Das würde dem Seriencharakter der doch recht lose verbundenen Reihe sehr gut tun, würde aber vermutlich die Freiheiten der einzelnen Rundfunkstationen etwas einschränken.
Der Fall selbst ist überzeugend konstruiert und wird von der „Neuen“ und der Sekretärin Blümchen überzeugend gelöst. Der Fokus liegt jedoch auf Annika de Beer, deren ablehnende Haltung nicht den ganzen Krimi über authentisch wirkt. Die Idee ist zwar schön, doch unmotivierte Polizisten hat es beim Radiotatort schon oft gegeben, ihr zunächst genanntes Motiv, der Mensch habe gar keinen freien Willen und deswegen sei ihre Arbeit sinnlos, wirkt übertrieben. Natürlich ist es letztlich eine viel kleinere, menschlichere und gerade dadurch tragischere Begegnung, die de Beer so verbittert erscheinen lässt. Der Weg zu dieser gelungenen Auflösung ist jedoch langatmig, man hätte diese Zeit besser auf den Fall konzentrieren können.
De Beers Sekretärin Blümchen versucht verzweifelt die Tatenlosigkeit ihrer Chefin zu kaschieren und mischt sich daher erstmals selbst in die Ermittlungen ein. Dabei fühlt sie sich richtig gut, macht aber einen kleinen Fehler nach dem anderen. Dieser führt letztlich nicht nur zu einer spannenden (und dann doch überraschend gefahrlosen) Zuspitzung, sondern auch zu einem tragischen Ende des Falles. Die Taten der gutmütigen und gutgläubigen Sekretärin zeigen dem Zuhörer dadurch wie wichtig professionelle Polizeiarbeit ist. Damit wird die Brücke zu de Beers Zweifeln geschlagen und der Jubiläumstatort wird zu einer emotionalen Einheit, die die Langatmigkeit der de Beer-Handlung vergessen lässt.