Gedankensplitter 18/2016

Ausgegrenzte Ausgrenzer: Ein Großteil der Republik beobachtete am Wochenende mehr oder weniger hilflos wie ein Haufen Konservativer in einem Parteiprogramm das Rad der Zeit zurückdrehen möchte. „74 Seiten Ausgrenzung“ titelte Spiegel Online. Dabei sind zwei Dinge bemerkenswert. Erstens fällt denjenigen, die sich von einer angeblich zu liberalen, dem „Gutmenschentum“ verfallenen Mehrheitsgesellschaft ausgegrenzt fühlen, nichts Besseres ein, als Anhänger genau dieser Mehrheitsgesellschaft auszugrenzen. Dabei greift man in alte Klischees zurück, wonach die soziale Situation in Deutschland besser aussähe, gäbe es weniger Einwanderer. Gleichzeitig predigt man aber auch einer neo-liberalen Wirtschaftsordnung. Diese Widersprüche führen zu einer zweiten Beobachtung: Während man in der Rhetorik die „Altparteien“ und ihre Politik scharf kritisiert, sucht man sein eigenes Heil selbst in langen Parteiprogrammen, Parteistrukturen, Grabenkämpfen, Spin-Doktoren und natürlich der bekannten Wirtschaftsordnung. Damit unterscheidet die AfD von den etablierten Parteien lediglich der Glaube, es würde der eigenen Klientel schon besser gehen, wenn man anderen Bevölkerungsgruppen das Leben schwerer macht.

Gefährliche Strategielosigkeit: Im Herbst 2012 war noch nicht alles verloren. Die SPD lag gerade einmal fünf Prozentpunkte hinter der Union, einige Monate zuvor konnte man sogar beinahe gleich auf schließen. In dieser Situation führte ein katastrophaler Fehler innerhalb der Troika-Kommunikation dazu, dass Peer Steinbrück voreilig zum Kanzlerkandidaten ausgerufen wurde. Der Wahlkampf endete in einem Desaster, von dem sich die Partei nicht wieder erholt hat. Der Partei fehlte zum Zeitpunkt der Verkündung jedwede Strategie. Dadurch gerieten grundsätzliche Probleme zu Kommunikationskatastrophe und niemand war in der Lage, die Vorteile des Kandidaten zu unterstreichen. Der nächste Wahlkampf ist in eineinhalb Jahren und bisher scheint in der SPD niemand aus der Vergangenheit gelernt zu haben. Jüngst präsentierte Parteichef Gabriel „Renten“ als ein mögliches Wahlkampfthema, nur um es in dieser Woche wieder fallen zu lassen. Generell sollte man ein Thema nur aufgreifen, wenn man als Partei auch eine Antwort darauf hat. Und dann braucht es für gewöhnlich mehrere Monate oder gar Jahre, um die eigene Position gegenüber der Bevölkerung zu kommunizieren. Aus diesem Grund täte die SPD gut daran, sich inhaltlich bereits jetzt auf den Wahlkampf vorzubereiten und all die Projekte aufzuzeigen, die mit der CDU nicht möglich sind. Dafür bedarf es guter Ideen und vor allem eines langen Atems. Es bleibt zu hoffen, dass Sigmar Gabriel im Verlaufe dieses Sommers wenigstens einen dieser beiden Aspekte entwickelt.

 

Beeindruckende Willkommenskultur: Angesichts all der besorgniserregenden innenpolitischen Entwicklungen in Deutschland war in der letzten Woche ein Spiegel Online Bericht über die Willkommenskultur in einem italienischen Dorf sehr erholenswert. Sicherlich ist dieser Artikel mit einem wohlwollenden Auge geschrieben worden. Dennoch zeigt der Bericht, welche Chancen man mit der Integration nutzen kann – wenn man die Probleme nicht aus den Augen verliert und sich dennoch nicht von ihnen lähmen lässt.

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