Gedankensplitter 08/2016
|Der scheinheilige Wahlkampf der CDU Spitzenkandidaten Klöckner und Wolf: In dieser Woche habe ich bereits einmal über den scheinheiligen Wahlkampf Julia Klöckners und ihrer Instrumentalisierung der CDU-Integrationspolitik für ihre Zwecke geschrieben. Heute veröffentlichte die rheinland-pfälzische Spitzenkandidatin der CDU zusammen mit dem konservativen Spitzenkandidaten Wolf in Baden-Württemberg einen Brief, in dem sie sich von der Politik der Bundeskanzlerin absetzt und mit populistischen Tönen versuchen, über ihre landespolitischen Gegner herzuziehen. In erster Linie fordert sie die Umsetzung ihres A2-Planes und verbindliche Obergrenzen. Lächerlicherweise war es Julia Klöckner, die vor noch nicht ganz so langer Zeit, Kritiker der Kanzlerin dazu aufrief, öffentlich einfach mal zu schweigen. Ironischerweise, beschuldigt Julia Klöckner die SPD und Grüne, ein effektives Handeln der Bundesregierung zu verhindern, ignoriert aber, dass sie selbst Vizevorsitzende der größten Regierungspartei ist. Und sie vergisst, dass man in einer Koalition, und die CDU befindet sich nun einmal mit der SPD in einer Koalition, ein gemeinsames Vorgehen abstimmen muss. Klöckner prescht hingegen lieber selbst vor, gerne auch ohne es mit der eigenen Partei abgestimmt zu haben. Das lässt zwei Schlussfolgerungen zu. Erstens könnten Klöckner und Wolf nicht verstanden haben, wie eine Koalition funktioniert und arbeitet. Da beide allenfalls in einer Koalition regieren werden, wäre das ein klares Kriterium gegen ihre Kandidaturen. Zweitens könnten die beiden CDU-Wahlkämpfer sich insgeheim darüber freuen, dass sie mit ihren Vorschlägen ein effektives Regierungshandeln in der Großen Koalition unmöglich machen. Denn so lange die Bundesregierung durch den CDU internen Streit gelähmt ist, kann sie nicht handeln. Egal welche der beiden Schlussfolgerungen zutrifft, das Verhalten der beiden CDU-Leute ist verantwortungslos. Zum angenehmen Vergleich findet man hier einen Text, in dem die SPD in Rheinland-Pfalz unter Ministerpräsidentin Malu Dreyer zusammenfasst, was sie unter guter Flüchtlingspolitik versteht. Auch wenn die Integrationskomponente etwas zu kurz kommt, zeigt dieser Text viel mehr Verantwortungsbewusstsein als das Handeln und Schreiben von Julia Klöckner und Guido Wolf. Vor allem, weil es sich nicht hinter einer (selbstgeführten) Bundesregierung versteckt, sondern den klaren Willen zur Verantwortung zeigt.
Der britische Kompromiss: Die britischen Konservativen haben für einen kurzen Moment die Europäische Union in Geiselhaft genommen. Aufgrund interner Querelen ist Premierminister Cameron gezwungen, ein Referendum über die EU-Mitgliedschaft des Vereinigten Königreiches anzusetzen. Er argumentiert, dass es einer Reform der EU bedürfe, um eine weitere Mitgliedschaft rechtfertigen zu können. Das Ergebnis des Kompromisses ist relativ halbgar. Erwähnenswert ist, dass in kommenden Verträgen das Vereinigte Königreich von der Klausel einer immer engeren Union ausgenommen wird, London von Euro-Regulierungen nicht benachteiligt werden darf und in Zukunft Sozialleistungen für EU-Bürger über einen Zeitraum von sieben Jahre verschärft werden können (wobei die Kindergeldregelung, die das Kindergeld auf das Lebenshaltungsniveau des Landes, indem das Kind tatsächlich lebt, senken könnte, wohl der größte Einschnitt in diesem Punkt ist – interessant bei den Bürokratie skeptischen Konservativen dürfte übrigens sein, wie diese Regelung kontrolliert werden soll). Auch wenn dieser Kompromiss damit scheinbar nicht sehr teuer war: Es ist auch die Aufgabe der deutschen Bundesregierung dafür zu sorgen, dass die Idee der Europäischen Union nicht durch weitere nationale Sonderforderungen ausgehölt wird, dass die (überschaubaren) sozialen Errungenschaften der EU erhalten bleiben und dass die Eurozone ihre sowie schon spärlichen Regulierungskompetenzen nicht vollends verliert. Daher sollte man in Zukunft ein Auge darauf werfen, wie sich Angela Merkel in ihrer Europapolitik zu diesen Fragen positioniert.
US-Vorwahlen – zwischen Vernunft und Überschwang: Am Samstag fanden in Nevada und South Carolina eine demokratische und eine republikanische Vorwahl statt. Die Demokraten haben sich mit knappen Vorsprung für ihren Kopf und damit für Hillary Clinton entschieden. Die Republikaner wiederum haben alle Delegierte des Bundesstaates South Carolina Donald Trump überreicht und seinen Start in die Vorwahlsaison damit abgerundet. Es ist weiterhin überraschend, wie stark die amerikanischen Wähler auf den Geschmack populistischer Versprechen gekommen sind. Denn sowohl Sanders als auch Trumps Parolen und Forderungen dürften in dem von vielen Kontrollen geprägten System der USA nur schwer umzusetzen sein. Selbst nach seinem überwältigendem Wahlsieg gelang es schließlich auch Präsident Obama lediglich, seine Gesundheitsreform durch den Kongress zu bringen. Viele andere Pläne scheiterten kläglich und wurden durch realistischere Ziele ersetzt. Anstatt von dieser Lektion zu lernen, wurden moderate Kandidaten wie Jeb Bush mit der gestrigen Vorwahl von der republikanischen Basis dazu gezwungen, ihre Präsidentschaftskampagne zu beenden.
Der Papst und Krankheiten: Angesichts des Zika-Viruses in Südamerika, einer der bevölkerungsstärksten katholischen Region der Welt, und dessen Gefahr für ungeborene Kinder versteht der Papst den Einsatz von Kondomen. Der erscheint wie eine logische Entscheidung – interessanterweise wird in den großen deutschen Medien eine sehr naheliegende Frage ausgeblendet. Anglikanisch geprägten Medien fällt hingegen sofort auf: Warum gibt der Papst den Einsatz von Kondomen nicht endlich angesichts der AIDS-Epidemie gänzlich frei?