In der dunkelsten Stunde (von Andreas Suchanek / Heliosphere 2265 Band 32)

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Commodore Cross ist weiterhin in der Gewalt des Imperiums, während seine wahnsinnige und rachsüchtige Mutter mithilfe der Körpertauschmaschine im Körper der Präsidentin der Solaren Republik steckt. Während Jayden Cross also der fortwährenden Folter des Imperator Sjöbergs ausgesetzt ist, stattet Alexis Cross seinen alten Flottenverband mit einem neuen Kommandanten aus. Die erste Mission führt zu den Überresten des Assassinen-Bundes. Die Besatzung der Hyperion glaubt, dort Verhandlungen über eine Allianz zu beginnen. Doch Alexis Cross hat ganz andere Pläne.

An der Folge fällt zunächst auf, dass die Handlung um Jayden Crosss Gefangenschaft seltsam gelungen ist. Auf der logischen Ebene ist sie unglaublich absurd. Der sich selbst als mächtig betrachtende Imperator Sjöberg verschwendet einen Großteil seiner Zeit über Monate darauf, Cross seelisch zu quälen. Dies ist eine so unglaublich dämliche Zurschaustellung des eigenen Wahnsinns (und der eigenen Inkompetenz), dass einem der Imperator noch ein Stückchen mehr Leid tut. Wurde er anfangs noch als überzeugender Strippenzieher inszeniert, so wirkt er hier nur noch wie eine Witzfigur. Das macht den Handlungsstrang auch so gut: Die Szenerie wirkt durch und durch absurd¹ und daher verwundert es kein Stück, dass Cross aus dieser hoffnungslosen Situation Profit schlagen kann und ein Symbol des Imperiums vernichtet. Außerdem ist zumindest Jaydens Gefühlsleben so gut beschrieben, dass die Handlung den Charakter langfristig wohl auch einen kleinen Schritt nach vorne bringen wird. Die größte Schwäche ist wohl, warum Jayden Cross bei einer Nachricht, die er über das galaktische Netz abschickt nicht erwähnt, dass seine Mutter den Körper der Präsidentin übernommen hat. Diese Information ist immerhin beinahe wichtiger als Abhorchposten und Propaganda-Bilder.

Leider funktionieren zwei andere Aspekte der Handlung nicht so gut. Zum Einen wartet „In der dunkelsten Stunde“ einmal mehr mit einer Rückblendenhandlung auf. So etwas kann ganz nett sein. Hier ist es aber schon die dritte innerhalb eines (kurzen) Zyklus. Mittlerweile hätte man auch mal ein anderes Handlungselement als eingestreute Rückblenden entwickeln können. Immerhin wurde im Verlauf der Serie nun schon beinahe jeder Offizier der Hyperion mit einer solchen (mäßig spannenden) Rückblende beehrt. Das hätte nicht sein müssen.

Mit dem neuen Kommandanten des Flottenverbandes wurde zudem eine Chance verpasst. Dieser Hawking wird entweder als unfähig oder als böse dargestellt. Hier hätte man sich für einen differenzierteren Weg entscheiden können. Er hätte ein glühender Anhänger der demokratischen Ideale der Republik sein können, dessen Methoden einfach nicht besonders erfolgreich sind. Dies hätte von Alexis Cross erkannt werden und ausgenutzt werden können. In der hier gewählten Form ist Hawking einfach ein weiterer rachsüchtiger und böser Charakter. Hier hätte man mehr draus machen können. Leider sorgt dieser Handlungsstrang auch für einen ärgerlichen Widerspruch: Just nach der Szene, in der Jayden Cross Imperator Sjöberg siegesgewiss darüber informiert, dass die Verfassung der Solaren Republik der Präsidentin gar nicht genug Macht gibt, um die Republik von Innen zu zerstören, findet die Hyperion-Besatzung heraus, dass dies mit Hawking und einer Berufung auf das Kriegsrecht durchaus der Fall sein könnte. Dadurch wirkt dieser Handlungsstrang ein wenig unausgegoren und wie verschenktes Potential.

Trotz dieser eklatanten Schwächen ist „In dunkelster Stunde“ deutlich spannender als seine Vorgänger, was auch an den ordentlichen Einblicken in die Denkweise der Assassinen und wie erwähnt vor allem an der augenzwinkernden Handlung um Jayden Cross liegt. Zuletzt gibt es zudem einige Hinweise darauf, dass das Problem Alexis Cross demnächst aus der Welt geschafft werden könnte. Die Frage ist nun nur noch, wie viel Schaden die rachsüchtige Frau bis dahin anrichten kann. Da die Handlung des Zyklus nun seit vier Episoden mehr oder weniger stagniert, steht zu befürchten, dass diese Frage bis zum Zyklusfinale gestreckt wird und in den verbleibenden Bänden allenfalls noch eine Allianz um die Solare Republik gebildet werden kann.

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¹Ein absurder Fall ist, dass vermeintliche Rebellen innerhalb des Imperiums in Windeseile in der Lage dazu sind, Cross beinahe zu befreien. Das ist merkwürdig: Bisher wurde einem immerhin suggeriert, dass Sjöbergs Macht auf Killchips und Rekonfigurierungen von Menschen basiert. Das machte den Machterhalt trotz Wahnsinn möglich: Die Menschen hatten gar keine Chance. Nun erfährt man, dass es durchaus aktive Rebellenbewegungen im Imperium gibt. Daraus resultieren zwei Fragen: (I) Warum haben diese Rebellen angesichts des offensichtlichen Wahnsinns (und der offensichtlichen Unfähigkeit des Imperators) nicht viel mehr Zulauf und (II) Warum wurde dieses interessante Handlungselement nicht schon längst genutzt, um spannende Undercovermissionen innerhalb des Imperiums zu erzählen? Warum muss es einen vorhersehbaren Handlungsstrang um eine dümmlich-wahnsinnige Alexis Cross geben, wenn man von den Platz nutzen könnte, um von Leben, Leid und Kampf der Rebellen innerhalb des Imperiums zu erzählen?

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