Der Marsianer (von Andy Weir)

weir - der marsianerMark Watney hat von der Mission nicht viel erwartet: Ares 3 ist bereits die dritte Marsmission, niemand von ihnen wird in die Geschichtsbücher eingehen. Zudem ist er in der Rangordnung der Crew zudem auf dem letzten Platz. Als Botaniker und Ingenieur wird er zwar für verschiedene Aufgaben gebraucht, die wichtigsten Tätigkeiten werden jedoch von anderen ausgeführt. Doch die Mission verläuft alles andere als glatt. Tagelang werden die Astronauten von der NASA auf einen heranrückenden Sturm hingewiesen, der aber die Bodenbesatzung nicht ernsthaft gefährden soll. Dies stellt sich als fataler Irrtum heraus. Mit einer gefährlichen Geschwindigkeit trifft der Sturm auf das Team, die Mission muss umgehend abgebrochen werden. Watney gelingt es dabei nicht, das Rettungsschiff zu erreichen, seine Kollegen halten ihn für Tod. Einige Stunden später erwacht er jedoch wieder und muss feststellen, dass er allein auf dem Mars ist. Die nächste Mission kommt planmäßig frühestens nach über 1000 Marstagen, seine Vorräte reichen jedoch nur für etwas mehr als 100. Er muss all seine Fähigkeiten, sein Wissen und seinen Einfallsreichtum zusammen nehmen, um aus dieser Situation lebendig herauszukommen.

„Der Marsianer“ wurde von Weir zunächst eigenständig herausgebracht, da die Geschichte bei etablierten Verlagen keinen Erfolg hatte. Angesichts des Exposés kann man das durchaus verstehen: Der Roman orientiert sich an dem Möglichen, geht häufig auf technische Details an und bietet, zumindest in der Zusammenfassung nicht gerade eine originelle Handlung. Dennoch hatte Weir großen Erfolg mit seiner Veröffentlichung. Nach einiger Zeit fand sein Roman dann auch den Weg zu Verlagen, der mittlerweile eine Hollywoodverfilmung gefolgt ist. Die Lektüre zeigt, dass dieser Triumph mehr als verdient ist.

Im Kern ist der „Marsianer“ eine klassische Robinson-Geschichte. Watney ist gestrandet auf dem Mars und erst einmal ganz allein. Weir wählt den einzig nachvollziehbaren Weg, er erzählt Watneys Erlebnisse in Form eines Logbuchs. Dies schafft eine außerordentlich direkte Erzählung, bei der der Leser mit Watney mitfiebert. Dies ist ein kleines Kunststück, immerhin verrät bereits die Tatsache, dass es einen Logbucheintrag gibt, viel über den Erfolg von Watneys Vorhaben. Mit einem launischen Erzählstil, der sich an keinerlei Formalitäten hält, und einem riesigen Repertoire an Galgenhumor hält Watney nicht nur sich selbst in der endlosen Einsamkeit auf dem Mars bei Laune, sondern auch den Leser. Er wird von Watneys Berichten gepackt, obwohl dieser in der Regel bereits im ersten Satz eines Eintrags zusammenfasst, was an einem Tag geschehen ist. Außerdem erreicht Weir mit seinen Darstellungen, dass die vielen technischen Details unterhaltsam wirken und der Roman niemals schwerfällig wirkt.

Immer wieder bricht der Roman aus diesem Erzählform aus. In diesen Fällen erlebt der Leser, die Bemühungen auf der Erde und dem Mars-Raumschiff Hermes, Watney zu unterstützen. Dabei zeigt Weir, dass er in wenigen Sätzen Charaktere nicht nur skizzieren kann, sondern im Zusammenspiel mit anderen Charakteren auch eine beachtliche Dynamik entstehen lassen kann, die den Leser berührt. Dies wird vor allem deutlich, wenn die Hermes-Besatzung mit ihren nächsten Angehörigen „telefonieren“ kann bevor sie auf eine weitere, entbehrungsreiche und vor allem ungewisse Tour zum Mars aufbricht. Hier trifft Watney das richtige Maß zwischen Sentimentalität und Unterhaltung. Dies bedeutet freilich keineswegs, dass „Der Marsianer“ tiefgründige Charakterstudien enthält. Die meisten Protagonisten bleiben auf einer typischen Ebene, Auseinandersetzungen zum Beispiel mit Watneys Einsamkeit und seinem Seelenzustand fehlen beinahe gänzlich. Dies ist der einzige Kritikpunkt an dem Roman. Dies zu sehr zu betonen verfehlt jedoch die Intention Weirds, der ein packendes und wissenschaftlich einigermaßen fundiertes Abenteuer über den menschlichen Einfallsreichtum und Überlebenswillen schreiben wollte.

 

Zuletzt ist die globale Darstellung des Abenteuers sehr gelungen. Weir macht immer deutlich, dass beinahe die gesamte Menschheit Watneys Überlebenskampf nach dessen Entdeckung mitverfolgt. Dabei scheint das Leid eines einzelnen Menschen trotz des Leides vieler Menschen auf der Erde eine zumindest in gewissen Kreisen einigende Kraft zu haben. Kritische Stimmen, die hohe Kosten angesichts eines einzigen Lebens monieren, werden zwar erwähnt, nehmen aber nur wenig Platz ein. Trotz allen Galgenhumors und viel realistischem Sarkasmus enthält „Der Marokkaner“ damit eine gewisse Prise (amerikanischen) Zukunftsoptimismus, der das Buch tatsächlich zu einem Science Fiction-Roman machtAlles zusammen ist „Der Marsianer“ so ein in seinem Optimus angesichts großer (und ständiger) Krisen sehr amerikanischer Roman, der den Leser durchgehend gut unterhält und an einigen Stellen sogar ins (nachdenkliche) Staunen versetzt.

 

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