Dresden, die verlorene CDU-Hochburg?

Nach der Oberbürgermeisterwahl in Dresden am gestrigen Sonntag sprechen die meisten Zeitungen davon, dass die CDU ihre letzte „Bastion“ verloren habe. Im Vorfeld vermeldeten Medien wie Spiegel Online bereits, dass die „konservative Großstadt“ seit der Wende von der CDU regiert worden sei. Dadurch wäre die gestrige Niederlage ein deutlicher Schlag ins Kontor: Der CDU-Kandidat erreichte gerade einmal 15,4%.

Doch Dresden ist bei weitem nicht die CDU dominierte Stadt, die die Medien gerne sehen. Es ist nicht nur die PEGIDA-Bewegung, die im Zusammenspiel mit der AfD der CDU 14,4% der Stimmen abspenstig gemacht hat. Bereits seit 2014 hat das „bürgerliche Lager“ im Stadtrat keine Mehrheit mehr. Stattdessen gibt es dort mittlerweile eine relative rot-rot-grüne Mehrheit. Das Rathaus wiederum ist ebenfalls nicht durchgängig in christdemokratischen Händen gewesen: Von 2001 bis 2006 saß dort ein FDP-Politiker, der von einem breiten Bündnis aus PDS, SPD, Grünen und der FDP unterstützt wurde. Die sächsische Landeshauptstadt mag daher wie der Rest des Landes konservativ sein, das macht die Stadt jedoch nicht automatisch zur CDU-„Bastion“.

Die gestrige Wahl zeigt wiederum wie erfolgreich parteiübergreifende Initiativen in Städten sein können. Sowohl die erstplatzierte SPD-Kandidatin als auch der zweitplatzierte FDP-Kandidat kandidieren für formal unabhängige Bündnisse. Der CDU-Kandidat wiederum ist alleine angetreten: Damit ist in den heutigen, politisch äußerst fragmentierten Städten nun einmal häufig keine Wahl mehr zu gewinnen. Die Wahlniederlage liegt somit vor allem an der mangelnden Bündnisarbeit der örtlichen CDU in Verbindung mit einer suboptimalen Kandidatenauswahl.

Somit gehen andere Impulse von der Wahl aus als von den Medien vermittelt. Hinsichtlich des Trends zu kommunalen Bündnissen, wirft die Wahl einen Schatten auf die nächste große Oberbürgermeisterwahl in Köln. Dort versucht die SPD im Alleingang das Rathaus zu verteidigen, während eine bunte Allianz aus CDU, Grünen und der FDP eine parteilose Kandidatin unterstützt. Der Fall Dresden zeigt, wie schwierig die SPD es im Herbst in Köln haben könnte.

Sollte sich die Dresdner SPD-Politikerin Stange im Juli durchsetzen, wäre es zudem ein weiterer Schritt zur Normalisierung rot-rot-grüner Politik zumindest im Osten. Wenn in der nach Berlin größten Ostdeutschen Stadt eine rot-rot-grüne Koalition erfolgreich arbeitet, könnte das zusammen mit einer erfolgreichen Koalition in Thüringen die Möglichkeit eröffnen, in solch einer Konstellation die christdemokratische Vorherrschaft in manchen Regionen zu brechen und langfristig eine Alternative auf Bundesebene zu entwickeln.

Die CDU verliert also ihren letzten OB-Chefsessel in einer deutschen Stadt mit mehr als 400 000 Einwohnern, die interessanten Auswirkungen der Wahl liegen jedoch in dem Erfolg parteiübergreifender Bündnisse und der Möglichkeit einer weiteren rot-rot-grünen Normalisierung in Ostdeutschland.

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