Birdman oder (Die unverhoffte Macht der Ahnungslosigkeit)

Birdman_logoRiggan Thomson war einst ein erfolgreicher Darsteller des Superhelden Birdman. Nachdem er seiner Karriere eine andere Richtung geben wollte, ging es für ihn nur noch bergab. Nun sitzt er beinahe pleite, geschieden und unbekannt ein einem Theater und versucht eine Kurzgeschichte seines Jugendhelden Raymond Carvers erfolgreich auf die Bühne zu bringen. Doch die Proben laufen zäh, Thomson bekommt werde sein Stück noch seine Darsteller und seine drogenabhängige Tochter in den Griff. Dabei begleitet ihn immer die Stimme seines alter Ego Birdman, die ihn daran erinnert, dass er zu höherem geboren ist.

„Birdman“ wird gelegentlich als dunkle Komödie verkauft, es handelt sich jedoch tatsächlich um eine wahrlich dunkle Satire mit vielen dramatischen Elementen. Witze gibt es wenige, stattdessen wird die Welt eines ehemaligen Superstars aufs Korn genommen. Mithilfe weniger Schnitte und einer hektischen Trommelmusik kreiert der Film einen unabwendbaren Sog, der nur zu einem dramatischen Ende führen kann.

Der Beginn des Films erscheint mit der Einführung der vielen Charaktere etwas überfrachtet. Von Thomson Anwalt über einen neuen Darsteller bis hin zu seiner Ex-Frau und seiner Geliebten wird ein ganzes Ensemble in wenigen Minuten vorgestellt. Dabei wird rasch deutlich, dass sich Thomson für niemanden um sich herum wirklich interessiert: Alle Gespräche drehen sich binnen kürzester Zeit wieder um ihn, um seine Karriere, um seine Zukunft. Er, Thomson, möchte es allen noch einmal zeigen.

Beeindruckend intensiv schildert der Film die Widersprüche zwischen der Realität und Thomsons Ambitionen. Trotz der ständigen optimistischen Beteuerungen Thomsons und seines Umfeldes, wird auch dem ehemaligen Star im Verlauf des Filmes immer deutlich, wie weit er hinter seinen Ambitionen zurückbleibt. Dazu gesellt sich die langsame Einsicht, dass seine Prioritäten generell falsch gesetzt sind und dass er anstatt auf die Bewunderung seiner Mitmenschen besser auf die Liebe einiger weniger hätte setzen sollen. Auch dieser Widerspruch in seinem Leben ist von Thomson nicht zu lösen.

Völlig außer Kontrolle gerät der Schauspieler als ihm eine Kritikerin androht, sein Stück zu vernichten – ohne es gesehen zu haben. Von diesem Moment an wandelt Thomson nur noch zwischen dem Ehrgeiz, es allen zu zeigen, und dem persönlichen Abgrund. Der Aufbau des Filmes macht es von vornherein deutlich, dass am Ende für Thomson der Abgrund stehen wird. Gegen Ende treten die Nebenfiguren dann in den Hintergrund, während Thomsons persönlicher Exzess sich enorm beschleunigt. An diesem Punkt ist es auffällig und etwas merkwürdig, dass die Autoren das Ende mehrfach herauszögern. Erst nach einer dritten Krise, in der er zudem viel von dem gewünschten, in beruflicher und privater Hinsicht erreicht hat, beendet Thomson anscheinend sein Leben. Dieses Ereignis nach mehrfachem Herauszögern sorgt für eine letzte Überraschung.

„Birdman“ ist ein einziger Sog aus dem sich weder der Zuschauer noch seine Hauptperson befreien kann. Wer eine Komödie oder leichte Unterhaltung erwartet, kommt bei dieser Satire nicht auf seine Kosten. Stattdessen wird hier eine dramatische Charakterisierung eines mit schizophrenen und depressiven Elementen gestraften gefallenen Hollywoodstars geboten, die in ihrer Tragik und Ausweglosigkeit einen zweistündigen, tiefen Fall vor dem Zuschauer enthüllt.

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