Der Lobbyist (von Jan Faber)

51qmb+Owi0L._SY344_BO1,204,203,200_GasNeft plant eine riesige Pipeline, die Gas aus Russland bis weit nach Westeuropa liefern soll. Vorangetrieben wird sie von dem Konzernchef Lewtuschenko. Doch der einst in der Führungsriege des Unternehmens tätige Arkadi Lossow weiß um die grenzenlosen Umweltschäden, die das Projekt mit sich bringen wird. Als er mit einer Journalisten über die Probleme spricht, setzt er eine Kette an Vergeltungsmaßnahmen in Gang, die zunächst seinem Sohn die Gesundheit kosten und zuletzt in einer Verfolgungsjagd seiner in der deutschen Lobbyarbeit aktiven Tochter Tatjana münden. Davon betroffen ist Matthew Meyer, Spin-Doctor im Wahlkampf des Bundeswirtschaftsministers Schneider und einstiger Mitarbeiter des Lobbyisten Van Straaten, der sich in die Russin Tatjana verliebt hat.

„Der Lobbyist“ versucht einen Thriller mit Assoziationen auf tatsächliche politische Ereignisse zu erzählen. Als Vorlage dient dabei Gerhard Schröder, der hier in der Figur des Wirtschaftsministers Schneider wieder auftaucht. Eigentlich ist dies eine ansprechende Grundidee für einen spannenden Roman, der durchaus Qualitäten à la „House of Cards“ zeigen könnte. Der Autor scheitert jedoch daran, den Roman zwischen Thriller und zeitkritischer Polit-Satire auszubalancieren.

In erster Linie leidet durch die fehlende Balance das Kernelement eines jeden Thrillers, die Spannung. Tatjana wird von Unbekannten verfolgt. Dabei kann sich der Leser nie ganz sicher sein, wer eigentlich gerade auf ihrer Seite steht und wer gegen sie arbeitet. Doch anstatt diese Ungewissheit auszunutzen, verharrt Faber in langatmigen Rückblenden und ständigen Unterbrechungen durch die politische Handlung. Anstatt im Detail auf Tatjana einzugehen, dieser Person Charaktereigenschaften anzuschreiben, verharrt Faber in Stereotypen und lässt Tatjana nie aus der Rolle der intelligenten aber schönen Frau heraustreten. Das Schicksal ihrer Familie (Sohn die Klavierhände abgenommen, Vater eingesperrt, Mutter allein) wirkt so konstruiert, dass kaum Mitgefühl für dieses künstliche Produkt aufkommen mag.

Der politische Teil der Handlung kann sich nicht entscheiden, ob er eine Tragödie erzählen möchte oder Satire darstellen will. Auf der einen Seite könnte Matthew Meyer eine tragische Figur sein, die etwas verändern möchte, aber am Zynismus seines Umfeldes scheitert. Auf der anderen Seite könnten die vielen Anspielungen auf reale Ereignisse der rot-grünen Regierungszeit den Stoff für eine bittere Satire bilden. Faber mag sich nicht festlegen und entzieht dabei beiden Ansätzen den Boden. Matthew bleibt so blass wie seine Geliebte Tatjana. Lediglich in einem einzigen Moment werden die kritischen Elemente seines Tuns thematisiert – für eine halbe Seite. Faber tischt zudem zu stark auf, um als Satire wirklich ernst genommen zu werden. Hier werden nicht nur reale Ereignisse zugespitzt, mit der Bilderberger-Konferenz und Konzernspitzen, die im Hintergrund alles lenken, bedient Faber alle Klischees linker wie rechter Verschwörungstheoretiker. Damit verhindert der angeblich in der deutschen Politikberatung tätige Faber, dass seine politischen Erzählungen glaubwürdig wirken.

Zuletzt sorgt der schlichte Stil des Autors zwar dafür, dass man diesen Roman aus dem Page&Turner-Verlag tatsächlich schnell lesen kann, dass erzählerisch aber auch keine Tiefe aufkommt. Die (manchmal arg langsame und selten glaubwürdige) Handlung ist höchstens in dynamischen Momenten gelungen, die Faber jedoch immer wieder abwürgt. So bewegen sich Fabers stereotype Charaktere wie Abziehbilder durch einer Welt aus negativen Elementen einer Verschwörungstheorie. Bei all dem wird der russische Teil der Handlung immer mal wieder herangezogen um etwas Spannung aufzubauen, aber bis kurz vorm Schluss nie richtig verfolgt. Somit kann der Roman auch technisch die inhaltlichen Schwächen nicht überbrücken.

„Der Lobbyist“ versucht sich an einer düsteren Darstellung der engen Verflechtung von Politik und Wirtschaft, scheitert jedoch daran sowohl einen spannenden Thriller als auch eine glaubwürdige Darstellung besagter Vorgänge vorzulegen. Stattdessen schwenkt der Roman ständig zwischen diesen beiden Handlungen hin und her. Weder die stark überzeichnete politische Darstellung noch die wirre Thriller-Handlung können dabei überzeugen.

 

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