Mordende Extremisten nähren Hoffnungen rechter Extremisten

schwarzDie schrecklichen Nachrichten aus Frankreich lassen die Welt nicht zur Ruhe kommen: Mitten in der französischen Hauptstadt stürmen selbst ernannte Islamisten Redaktionsräume einer Satire-Zeitschrift und töten alle, die sie erwischen können. Auch auf ihrer Flucht hinterlassen sie eine Blutspur und töten einen wehrlosen Polizisten. Ein Komplize nimmt kurz darauf Geiseln in einem jüdischen Supermarkt und setzt das schreckliche Blutbad fort. Zwar sind die Opferzahlen geringer als bei früheren Anschlägen in Europa z.B. in Madrid 2004 oder London 2005 doch das gezielte Töten angeblich „Schuldiger“-Gruppen ist so verstörend wie das sinnlose Morden von U-Bahnfahrern. Mit der „Charlie Hebdo“-Redaktion und mit einem jüdischen Supermarkt wurden bestimmte Menschen sowie das Konzept der „Meinungsfreiheit“ ins Visier genommen. Die enormen Solidaritätsbekundungen verwundern angesichts dieser schockierenden Vorfälle nicht. Bezeichnend ist jedoch wie schwierig die gemeinsame Trauer in europäischen Ländern geworden ist.

Der islamistische Hintergrund der Täter sorgt dafür, dass rechtsextreme und rechtspopulistische Bewegungen alles daran setzen, die Ereignisse für sich zu intrumentalisieren. Am geschicktesten geht vermutlich die französische Rechtspopulistin Marine Le Pen vor: Ihr Front National versucht mit Forderungen nach der Todesstrafe und mit extremen Zuspitzungen von der Situation zu profitieren. Um dies zu kaschieren, skandalisiert die Nationalistin geschickt, dass der Front Nationa nicht offiziel zum Trauermarsch in Paris eingeladen wurde. Dass eine der französischen Republik ablehenend eingestellt Partei auf einem republikanischen Trauermarsch offiziell eingeladen wird, wäre allerdings absurd. Mit ihrer verbalen Geschicktheit gelingt es Le Pen dennoch, dass französische Zeitungen hauptsächlich über ihren Ausschluss debattieren und nicht über ihre skrupellose Instrumentalisierung der Lage. In Deutschland wiederum hat die bisher eher schwächlich auftretende Pegida-Bewegung im wahrsten Sinne des Wortes Blut geleckt und deklariert ihre Protestspaziergänge zu Trauermärschen um. Auch hier erhoffen sich die Nationalisten, von einer möglichen Instrumentalisierung zu profitieren.

Die Tatsache, dass sich Rechtspopulisten von dieser politischen Ausschlachtung der Tragödie Profite erhoffen, zeigt, wie radikalisiert ihr Milieu ist. Auch wenn es abzuwarten bleibt, ob es sich diese Pietätslosigkeit für Pegida auzahlt, sind die Reaktionen anderer Politiker jedoch noch erschreckender. In Frankreich gibt es bis weit in die sozialistische Partei hinein Stimmen, die eine Einladung des Front Nationals allein unterstützen, um solch dreiste Inszenierungen zu verhindern. Die konservative Oppositionspartei UPM wiederum befürwortet ebenfalls eine Einladung an die rechtspopulistische Konkurrenz – aus Angst, Wählerstimmen zu verlieren. In Deutschland wiederum traf der Vorschlag Sigmar Gabriels, alle demokratischen Parteien zusammen zu Trauermärschen aufrufen zu lassen, auf wenig Gegenliebe. Wieder sind es vor allem Konservative, die Bedenken haben. Diese Zögerlichkeit ist erschreckend. Denn der absoluten Mehrheit der Bürger in Deutschland wie in Frankreich dürfte angesichts der grausamen Taten gegen die Meinungsfreiheit, gegen Journalisten, gegen Juden und gegen (muslimische) Polizisten klar sein, dass solch perfider und berechenender Extremismus nicht mit weiterem Extremismus bekämpft werden kann. Wenn demokratische Politiker eigenen Widerstand und eigene Solidaritätsbekundungen aber selbst aus Furcht vor möglichen Gewinnen rechtsextremer Bewegungen nur zögerlich bzw. selbstkritisch vorantreiben, dann haben die Extremisten bereits ein Stück weit gewonnen.

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