Die Ideenlosen Populisten

cduDie beiden großen konservativen Parteien des Landes haben in der vergangenen Woche ihre Parteitage abgehalten. Gemeinsam halten sie über 40% der Mandate im Deutschen Bundestag und liegen in Meinungsumfragen meilenweit vor der Opposition. Die CDU und die CSU hatten daher allen Grund, selbstzufrieden zu sein. Seit langem war keine deutsche politische Bewegung mehr in solch einer starken Position, um die Zukunft des Landes zu gestalten. Doch anstatt konkrete Reformprojekte für die Zukunft zu planen, übten sich beide Parteien in unnötigem Populismus.

Sollte es dem Finanzminister tatsächlich gelingen, in den kommenden Jahren keine neuen Schulden aufzunehmen, wäre dies ein gewaltiges Ereignis. Immerhin kam seit 1969 kein Bundeshaushalt ohne Schulden aus. Der derzeitige Überschuss ist jedoch auf einem dünnen Fundament gebaut. Noch sind die Sozialkassen gefüllt. Doch die Mütterrente, die neuen Frühverrentungsoptionen aber auch die Abschaffung der Praxisgebühr (durch schwarz-gelb) haben Löcher in dieses Fundament gerissen. Es ist nicht gesichert, ob die Versicherungen auch in Zukunft keine Zuschüsse aus dem Bundeshaushalt benötigen. Außerdem hat sich die wirtschaftliche Situation in diesem Jahr deutlich getrübt. Vorhersagen sehen die Bundesrepublik zwar für das kommende Jahre wieder auf einem stärkeren Wachstumspfad. Doch das ändert nichts daran, dass die Investitionen sowohl in materielle Infrastruktur wie in eine digitale Infrastruktur viel zu niedrig sind. Anstatt sich (aus konservativer) Sicht über eine mögliche Gestaltung der zukünftigen Gesellschaft Gedanken zu machen, hat sich die CDU lieber selbst gefeiert. Alles ist gut, solange es unseren Umfragen gut geht, scheint das Motto zu sein.

Und so gibt die Delegiertenbasis der Parteiführung keine Projekte mit auf den Weg. Einzig mögliche Steuersenkungen, ein Garant für kommende Defizite und noch weniger öffentliche Investitionen, sollen in einer vagen Zukunft durchgesetzt werden, um die (derzeit nicht einmal existierende) kalte Progression zu bekämpfen. Steuersenkungen hatte die CDU bereits 2009 versprochen, ohne dass auch nur die kleinste Anstrengung unternommen wurde, dieses Versprechen tatsächlich umzusetzen.
Stattdessen bleibt wohl Merkels verbaler Angriff auf rot-rot-grün in Erinnerung. Aus Sicht der Bundeskanzlerin erniedrige sich die SPD dort in einem Bündnis mit der Linkspartei selbst. Tatsächlich haben die Diskussionen in der SPD gezeigt, dass die Entscheidung, als Juniorpartner in eine Koalition mit der Linkspartei zu gehen, nicht einfach war. Die Regierungserklärung Ramelow zeigt jedoch, dass die neue Koalition von einer Gebietsreform bis hin zu verstärkten Bildungsausgaben viele Ziele hat. Sollte sich die Koalition an den formulierten Finanzierungsvorbehalt halten, könnte es gelingen, neue (sozial)politische Impulse bei gleichzeitigen verantwortungsvollen Haushalten zu setzen. Das würde nicht nur das Land Thüringen voran bringen. Stattdessen könnte die linke Koalition aufzeigen, warum die SPD nicht die falsche Wahl getroffen hat. Mit der CDU hätte sie nämlich lediglich den bisherigen Verwaltungsstil, den die CDU sowohl auf Bundes- als auch auf Länderebene pflegt, fortsetzen können. Die CDU, das hat der Parteitag gezeigt, hat nämlich nicht einmal mehr den Anspruch, sich über mögliche Reformen Gedanken zu machen. Auch verzichtet die Partei darauf, über rechtspopulistische Konkurrenz (oder gar Kooperationspartner) zu debattieren. Damit hilft sie weder dem Land noch ihrer Wählerschaft, die Antworten auf die sie bewegende Fragen erwartet.

Etwas anders sieht die Lage bei der CSU aus. Seit der vergangenen Bundestagswahl ist die Partei bundespolitisch weitgehend unbedeutend. Dies geht mit einem großen Selbstvertrauensverlust einher. In solchen Fällen bemühen sich die bayerischen Konservativen gern um eine Extraportion Populismus. Doch während die Kampagne „Wer betrügt, der fliegt“ Anfang des Jahres noch gezogen hat, blamierte sich die CSU mit der Forderung nach ausschließlich deutschsprachigen Haushalten in der Vorweihnachtszeit. Die Vorlage wurde geändert, der Text nicht in der ursprünglichen Form besprochen. Die CSU hat auch nach einem desaströsen Europawahlergebnis noch nicht gelernt, dass die Wähler in der Regel das Original wählen: Eine Regierungspartei muss das eigene Regierungshandeln rechtfertigen oder überzeugende und praktikable Reformvorschläge machen. Für Populismus wird eine Regierungspartei nicht gewählt.

Selbstbestätigung ist für politische Parteien ein nicht zu unterschätzender Faktor. Das haben die Unionsparteien in der vergangenen Woche wohl gezeigt. Parteitage sind aber auch die Möglichkeit, neue Projekte anzustoßen und über den eigenen Einflussbereich hinauszuwirken. Das haben die beiden Parteien nicht geschafft. Im Gegenteil, durch die Notwendigkeit nicht inhaltlich einzugehen auf den politischen Gegner einzugehen beziehungsweise populistische Sperenzchen zu planen, offenbaren die beiden Parteien, dass es ihnen insgeheim vor der Zeit graut, in der die Bürger des Landes nicht nur Verwalter sondern Ideengeber wünschen.

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