Der Gehenkte (von Philip K. Dick)

dickEd Loyce hat den ganzen Tag im Keller gearbeitet. Nun freut er sich auf seinen Feierabend. Bei einer kurzen Besorgung in seiner kleinen Heimatstadt fällt ihm eine Leiche an einem Telegrafenmasten auf. Loyce ist schockiert und wird panisch als all seine Bekannten die Leiche ignorieren. Kurz darauf wird er von der Polizei abgeführt. Loyce sind die beiden Polizisten unbekannt, weshalb er flüchtet. Beim Rathaus fällt ihm auf, dass durch einen Spalt Außerirdische in die Stadt dringen. Scheinbar haben sie vorher alle Bewohner hypnotisiert. Nur er, der im Keller gearbeitet hat, wurde verschont. Loyce flüchtet nach einer unangenehmen Situation mit seiner eigenen Familie nach Oak Grove. Dort informiert er den Sheriff, der ihm seine Geschichte überraschenderweise glaubt. Als er jedoch aus dem Gebäude hinausgefürt wird, warten bereits Polizisten, ein Telegrafenmast und ein Strick für ihn. Am Abend verlässt ein Banker, der den ganzen Tag im Tresor gearbeitet hat, die Bank Oak Groves. Vor der Tür hängt eine Leiche am Telegrafenmast und keiner der Passanten scheint sich daran zu stören.

„Der Gehenkte“ ist eine schaurige Geschichte. Der düstere Ton wird von Beginn an mit der äußerst detailreichen und gruseligen Beschreibung der gehenkten Leiche gesetzt. Dick typisch verwandelt sich eine alltägliche Situation in einen absoluten Albtraum. Wieder einmal könnte es sich dabei auch um eine Wahnbeschreibung handeln. Immerhin nimmt niemand außer Loyce die Außerirdischen und die Leiche wirklich wahr. Dadurch erscheinen auch Loyce Taten in einem unheimlichen Licht. In seinem Haus sieht er sich dazu genötigt, seinen eigenen Sohn zu töten, da er ihn für einen fliegenden Außerirdischen hält. In Loyce Wahrnehmung, in der Außerirdische hypnotisierte Menschen übernehmen, macht das Sinn. Der Leser bleibt verstört zurück.

In dieser Geschichte wiederlegt Dick die Zweifel an einer außerirdischen Übernahme jedoch ungewöhnlich direkt. Zum einen trifft Loyce an einem Zeitpunkt sogar auf einen anderen nicht hypnotisierten, den er aus Verfolgungsangst jedoch tötet. Der Abschluss der Geschichte lässt letztlich wenig Interpretationsspielraum. Das Netz der Außerirdischen ist beinahe perfekt gespannt. Sie haben sogar damit gerechnet, dass sich einzelne ihrer Hypnose entziehen können. Aus diesem Grund fungieren die Gehenkten als Köder für die Menschen, die sich in fensterlosen geschlossenen Räumen aufgehalten haben. Zusammen mit dem Epilog wird Loyce Version damit bestätigt.

Der Kurzgeschichte fehlt ein nachdenkenswertes Thema. Das Motiv einer sich plötzlich ändernden alltäglichen Situation hat man bei Dick bereits häufig gelesen. In der Regel wurde es mit einer interessanten Reflektion eines bestimmten Themas verbunden. Loyce hingegen denkt nicht einmal darüber nach, dass er gerade seinen Sohn erstochen hat. Die Geschichte wirkt anstatt mit einem Thema mit dem dichten Erzählfluss und der enormen Spannung, die auf wenigen Seiten erzeugt wird. Von der Entdeckung der Leiche bis zur Entdeckung Loyces Leiche durch den Banker ist „Der Gehenkte“ eine atemlose und zu recht panische Erzählung. Das mag vielleicht nicht zum Nachdenken anregen, es lässt den Leser aber nach zwanzig Seiten atemlos und betroffen zurück.

Der Gehenkte, geschrieben und veröffentlicht 1953, auf Deutsch erschienen unter anderem im Band „Das Vater-Ding“ der Edition „Sämtliche 118 SF-Geschichten in fünf Bänden“ des Haffmans Verlag bei Zweitausendeins.

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