Der schwarze Osten?
|1998 gewann die SPD beinahe alle Wahlkreise in den neuen Bundesländern außerhalb Sachsens. Davon sind 2013 ohner Berlin gerade einmal einer übrig geblieben: Frank-Walter Steinmeiers Wahlkreis in Brandenburg. In der Zwischenzeit hat sich auch bundesweit das SPD Wahlergebnis verschlechtert. Von einst 40,9% sind lediglich 25,7% übrig geblieben. Doch während die SPD in sechs westdeutschen Bundesländern nach der Schlappe von 2009 immerhin wieder die 30% Marke übersprungen hat, fuhr sie ihre schlechtesten Ergebnisse in den ostdeutschen Bundesländern (ohne Berlin). Lediglich das Ergebnis in Brandenburg, hier regiert die SPD immerhin seit 1990 ohne Unterbrechung, liegt mit 23% über dem in Bayern und Baden-Württemberg. In den anderen neuen Bundesländern variiert das Ergebnis von 18,2% (Sachsen-Anhalt) bis zum Tiefpunkt 14,6% (Sachsen). Neben den Europawahlen medial beinahe unbemerkt fanden am 25. Mai in zehn Bundesländern Kommunalwahlen statt. Während die SPD zum Beispiel in Nordrhein-Westfahlen den Abstand zur siegreichen CDU um zwei Punkte verringern konnte, rutschte die SPD im Osten entweder um zwei Punkte ab (Sachsen-Anhalt, Thüringen), musste sich mit dem schlechten Ergebnis von 2009 begnügen (Mecklenburg-Vorpommern) oder verlor den letzten „ersten“ Platz in den neuen Bundesländern (Brandenburg). Auch wenn Kommunalwahlen von vielen anderen Faktoren als der Bundespolitik bestimmt werden, scheint sich die gemächliche Stabilisierung und Erholung der SPD nicht im Osten wiederzuspiegeln. Hat die CDU hier also eine Vormachtstellung erreicht, die nicht zu brechen ist?
Natürlich könnte man sich die Analyse leicht machen: In diesen Bundesländern ist die LINKE traditionell besonders stark. Doch das Ergebnis der LINKEN unterschied sich 2013 nur unwesentlich von dem PDS-Ergebnis 1998 (2013: 22,7%, 1998: 21,6%). Außerdem scheint es der SPD in Brandenburg, dem derzeitig einzigen rot-roten Experiment, nicht angerechnet zu werden, mit der LINKEN statt der CDU zu regieren. Dieser Schluss wäre somit zu einfach. Allerdings deutet das besonders starke Ergebnis der Alternative für Deutschland bei der Bundestagswahl 2013 im Osten darauf hin, dass der Wunsch nach einer anderen Politik, durchaus auch von links hier besonders groß ist. Und auch, wenn sich in den letzten Jahren viel getan hat: Die Arbeitslosigkeit in Ostdeutschland ist noch immer höher, die Löhne noch immer niedriger als im Rest der Republik.
Darüber wird jedoch kaum noch öffentlich diskutiert. Seit 2009 ist der Beauftragte der Bundesregierung für die neuen Länder nicht mehr ein Minister selbst, sondern „nur“ noch ein parlamentarischer Staatssekretär. Weder die Medien noch Spitzenpolitiker vermitteln bundesweit den Eindruck, noch bestehende Unterschiede zwischen West und Ost abzubauen. Im Gegenteil: Die WELT unterstellte der Arbeitsministerin Nahles jüngst in einem Interview, die Angleichung der unteren Lohnklasse zwischen Ost und West in Form eines Mindestlohnes sei fahrlässig, da das die Wettbewerbsfähigkeit gefährde. Nahles verwies in ihrer Antwort geschickt auf die weiterhin existierende Abwanderung von Ost nach West, die nicht nur durch das größere Jobangebot, sondern auch durch höhere Löhne ausgelöst werde.
Argumente wie dieses sind in bundesweit erscheinenden Zeitungen selten. Die SPD hat es nämlich in der Vergangenheit nicht nur versäumt, das nötige Fingerspitzengefühl an den Tag zu legen, sondern auch, regionalspezifische Probleme auch bundesweit zu thematisieren. Der Blick auf vergangene Wahlen zeigt, das Potential ist da. Doch erst wenn die SPD Problemlagen nicht nur für „Deutschland“ oder gar „Westdeutschland“ herunterbricht, sondern auch auf Bundesebene ohne Stereotype zu schüren, glaubwürdig und stetig Angebote an Wähler aus den neuen Bundesländern macht, wird sich die Situation der Partei hier verbessern. Angesichts der drei Landtagswahlen in diesem Jahr sollte man damit schleunigst beginnen, um die stark arbeitenden, aber mit Mitglieds- und Strukturproblemen kämpfenden Landesverbände zu unterstützen.
Klar, die Kommunalwahlergebnisse habe eher weniger mit der Bundesregierung zu tun. Allerdings haben die Spitzenpolitiker sehr wohl etwas mit der Attraktivität einer Partei zu tun. In Sachsen-Anhalt hat die SPD zur Kommunalwahl (nicht nur, aber besonders) dort die Wahlen verloren, wo die Partei nicht mehr existent ist. In kleinen Ortsvereinen sind oft nur wenige Leute Aktiv, wenn die austreten oder inaktiv werden (gerade Letzteres passiert 25 Jahre nach der Gründung relativ oft), wirkt sich das zunächst nur auf die Ortsvereinsstruktur aus.
In der Folge, aber auch auf die Wahlen. Dort wo die SPD gar nicht oder nur mit einer Rumpftruppe (3 Personen) zu Stadtratswahlen angetreten ist, war auch das Ergebnis zur Kreistagswahl sehr schwach. Dort wo es die SPD nicht gibt, wird sie auch nicht gewählt. Das gilt denke ich auch für Bundestags- und Landtagswahlen.