Deutschlands Zukunft gestalten?
|Noch streitet und urteilt die SPD über den Koalitionsvertrag „Deutschlands Zukunft gestalten“. Satiresendungen wie die „Heute Show“ betonten die Inhaltslosigkeit des Werkes. Die Medien hielten sich mit eindeutigen Bewertungen überraschend zurück, die Diskussion über die Inhalte des Vertrages haben die großen Zeitungen längst eingestellt. So sozialdemokratisch der Vertrag auch geworden ist, zwei große Probleme beinhaltet er dennoch.
Das um Zustimmung werbende Schreiben der Parteiführung zählt 17 gewichtige Gründe für den Vertrag auf. Ein gesetzlicher Mindestlohn wird (irgendwann) kommen. Der Arbeitsmarkt wird stärker reguliert, das Rentensystem wird etwas großzügiger. Es wird mehr Geld geben, für die Bildung, für die Kommunen, für die Infrastruktur, für die Pflege – und das alles ohne Finanzierungsvorbehalt. Zuletzt wird der „Optionszwang“ abgeschafft und Finanzprodukte sollen besser reguliert werden. Für mickrige 25% findet sich ein ordentlicher Teil des Parteiprogramms in dem Koalitionsvertrag.
Leider wurde das wichtigste Element des Wahlprogramms nicht in den Vertrag geschrieben. Zusammen mit der von der Union durchgesetzten Mütterrente, kosten die Maßnahmen über 20 Milliarden Euro. Sie könnten nur durch neue Steuern, Ausgabenkürzungen oder neue Schulden gegenfinanziert werden. Ersteres wollte die Union nicht, Abstriche bei den Sozialleistungen wollen beide Parteien nicht und das letzte wird von der Schuldenbremse verhindert. Auf diese Weise bringt man das Land um seine Zukunft.
Denn die steigenden Rentenkosten, gehen vor allem zu Lasten der jungen Generation. Aus dieser Perspektive ist es auch kein Wunder, dass der Bildungsteil skandalös unpräzise ist. Sechs Milliarden Euro werden dort für Kitas, Schulen und Hochschulen versprochen, ohne irgendein Konzept zu nennen. Das Kooperationsverbot, das ein bisheriges Engagement des Bundes für Schulen und Hochschulen verhindert hat, wird nicht einmal erwähnt. Die bereits beschlossene BaFöG-Reform wurde aus „redaktioneller“ Nachlässigkeit vergessen, in den Vertrag zu schreiben. Dies macht deutlich, trotz der Bekenntnisse zur Kinder- und Jugendpolitik, ist es kein Vertrag für zukünftige Generationen.
Die zweite Schwäche ist das fehlende Vertrauen in die Umsetzungsfähigkeit der Regierung. Vieles wurde gegen den Willen der CDU durchgesetzt, ihre Minister werden die Maßnahmen kaum vorantreiben. Stattdessen werden für alle finanziellen Probleme, die durch das Fehlen eines Finanzierungskonzepts entstehen werden, die Sozialdemokraten verantwortlich gemacht werden. Hier hätte die SPD-Parteiführung vielleicht auf weniger, dafür aber finanzierbare Maßnahmen plädieren sollen!
Andererseits krankt der Koalitionsvertrag an ähnlichen Schwächen wie seine Vorgänger. Präzision ist kein Kennzeichen eines Koalitionsvertrags und auch in der Vergangenheit bedurfte es vor allem Vertrauen in die Regierungsparteien. Würde man sich heute den schwarz-gelben Koalitionsvertrag anschauen, ein Bruchteil der dort festgehaltenen Punkte dürfte Realität sein. Wenn in diesem Koalitionsvertrag nun steht, dass kein Finanzprodukt ohne Regulierung sein darf, so bedarf es viel Vertrauen, um an eine Umsetzung zu glauben.
Zusammengefasst wäre eine reine Umsetzung des Koalitionsvertrages ohne ausreichende Gegenfinanzierung eine Katastrophe für den Staatshaushalt. Nichtsdestotrotz beinhaltet er mehr sozialdemokratische Elemente, als es 25% zulassen. Es bleibt der Zweifel, ob es der sozialdemokratischen Bundestagsfraktion sowie ihren Ministern gelingen wird, ihre Kernforderungen wie die strengere Regulierung von Leiharbeit und Werkverträgen umzusetzen. Die Zweifel sind groß und zuletzt bleibt nur das Prinzip Hoffnung, dass die Führungsriege der SPD die ihr gebotene Chance nutzt in vier Jahren zu zeigen, dass sie den Willen hat, das Land zumindest in den hier verhandelten Punkten gerechter, sozialer und, im Hinblick auf die Finanzregulierung, sicherer zu machen.