Das ist wichtig für dieses Land?

Am Sonntag Abend wurde in der ARD das Sommerinterview mit Peer Steinbrück ausgestrahlt. 23 Fragen wurden dem Kanzlerkandidaten der SPD in etwa fünfzehn Minuten gestellt. Natürlich ging es nicht nur um Inhalte, alle strategischen Überlegungen des Wahlkampfs wurden einmal abgeklopft. Wäre Peer Steinbrück für eine große Koalition bereit? – Nein. Was hält er von rot-rot-grün? – Im Moment nichts. Verhält sich Sigmar Gabriel illoyal? – Natürlich nicht. Insgesamt neun Fragen fielen in diesen Bereich, alle mit vorhersehbaren Antworten. Denn es bräuchte wohl mehr als ein Sommerinterview, um zum Beispiel einen Meinungsumschwung hinsichtlich rot-rot-grün in der SPD-Führung einzuleiten. Letztlich machen solche Fragen ein Interview für Zeitungsleser langweilig. Nichtsdestotrotz sind sie für diejenigen, die sich neben den Sommerinterviews wenig mit Politik beschäftigen, wichtig.

Interessanter waren die inhaltlichen Fragen, die gestellt wurden. Die ersten sechs Fragen behandelten alle das Thema Griechenland. Das ist nur richtig, schließlich hat die SPD das Thema selbst in den Wahlkampf gezogen. Der implizierte Vorwurf, man kritisiere hier eine Politik, die man selbst mitgetragen hat. An dieser Stelle wäre es gut gewesen, darauf hinzuweisen, dass bei den Rettungspaketen die Kanzlerinnenmehrheit häufig nicht erreicht wurde, was bisher immer als Skandal gesehen wurde. Wären SPD und Grüne hier nicht eingesprungen, wäre das Chaos in Europa deutlich größer als man erahnt. Die Pflicht, von der Steinbrück gesprochen hat, war aufgrund der Uneinigkeit von schwarz-gelb also tatsächlich gegeben.

Nach dem Euro-Thema kam der bereits skizzierte strategische Block. Abgeschlossen wurde das Interview mit drei weiteren Themen. Zunächst wurde gefragt, welche Steuern Steinbrück denn nun erhöhen wolle. Hier wurde von einer PKW-Maut über die Unternehmens- bis hin zur Erbschaftssteuer viel abgeklopft, wozu sich die SPD bereits eindeutig geäußert hat. Dem schlossen sich zwei außenpolitische Themen an: Erstens, wie Steinbrück jetzt die NSA-Affäre bewertet (noch immer ein Skandal) und was er zu einem Einsatz in Syrien und Waffenexporte in die Region sagt (für Syrien eine diplomatische Lösung finden, Waffenexporte bedürfen strengerer Regeln). Innenpolitisch wurde also lediglich das Steuer-Thema angesprochen.

Damit haben Ulrich Deppendorf und Rainald Becker wohl genau die Fragen gestellt, die die Bevölkerung bewegen. Natürlich dominiert und dominierte die Euro-Krise die gesamte Legislaturperiode. Darüber wurde aber vergessen, dass in der Gesundheits-, der Renten- und der Bildungspolitik große Lücken klaffen, die Reformen voraussetzen. Auch der Arbeitsmarkt ist so unreguliert wie noch 2009. All das bedürfte einer öffentlichen Diskussion, die schlicht nicht stattfindet. Das kann man auf die Union, die versucht, sich jeder Diskussion zu entziehen, zuschieben. Man kann es auch der SPD anlasten, der es nicht gelingt, mit innenpolitischen Themen durchzudringen. Es kann aber auch einfach sein, dass die Wählerschaft über diese Themen nicht nachdenken möchte. Klar, die Sozialkassen sind im Moment prall gefüllt. Gleichzeitig klaffen aber Lücken in der Pflegeversicherung, das Rentenniveau ist niedrig und ob der Überschuss in der Gesundheitsversicherung auf Dauer angelegt ist, kann bezweifelt werden. Gleichzeitig kann man in jedem Bundesland eine Reihe von Problemen in der Bildungspolitik finden. Über all das möchte sich die Mehrheit der Wähler offensichtlich keine Gedanken machen. Denn sonst kämen die beiden Großen Parteien um eine Diskussion dieser Themen nicht herum.

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