Du bist tot (ARD-Radiotatort)
|Spitzenforschung kostet viel Geld, macht im Erfolg jedoch nicht nur die Forscher berühmt, sondern auch die Förderer reich. Prof. Dr. Weißenbachs Forschungen haben den finanziellen Durchbruch geschafft. Ihr ehemaliger Förderer sieht davon aufgrund eines Finanztricks jedoch keinen Cent. Außerdem hat sie die Arbeit zu einem großen Teil nur mithilfe unbezahlter wissenschaftlicher Hilfskräfte wie Dr. Steiner geschafft. Als Frau Weißenbach am Morgen nach einer Präsentation erschlagen in ihrem Büro aufgefunden wird, ist die Liste der Verdächtigen für Polizist Polanski lang. Doch er kann sich auf den Fall nicht richtig konzentrieren: Am selben Morgen wird er darüber in Kenntnis gesetzt, dass er, obgleich eigentlich homosexuell, ein Kind hat und für dessen Unterhalt aufkommen muss.
Die Nebenhandlung um Polanskis Kind sorgt dafür, dass dieses Hörspiel es beinahe auf eine Laufzeit von einer Stunde bringt. Der Fall selbst wäre viel früher gelöst worden. Polanski verfällt nach der Nachricht in einen geradezu selbstzerstörerischen Modus. Er möchte die Nachricht nicht glauben und unbedingt das Gegenteil beweisen. Dabei stellt er seine ganze Karriere aufs Spiel, was etwas unglaubwürdig erscheint. Die vermeintliche Mutter ist ähnlich kompliziert gestrickt wie Polanski, sodass der Episode einige Konflikte beschert sind.
Der Fall selbst ist interessant und spannend. Die Situation an deutschen Universitäten, an denen Akademikern zu Hungerlöhnen im wissenschaftlichen Mittelbau ausgebeutet werden, ist bekannt. Die Methode Dr. Weißenbachs scheint jedoch ganz besonders krass zu sein. So entsteht der Eindruck, Dr. Steiner hat jahrelang für umfangreiche Arbeiten gar kein Gehalt erlangt. Rasch wirkt es, als könne der Täter lediglich Dr. Steiner oder aber seine Frau sein. Tragisch wird der Fall dadurch, dass Dr. Weißenbach am Abend ihres Todes den unbefristeten Vertrag für Dr. Steiner vorbereitet hat. Dessen jahrelange Bemühungen um eine feste Stelle hätten sich also kurz darauf ausgezahlt und werden durch den Mord sogar noch behindert.
Im Finale müssen die beiden Handlungen miteinander verknüpft werden. Das ist schade, denn dadurch wirkt das Ende arg konstruiert: Dr. Steiners Gattin, die wahre Täterin, arbeitet im selben Café wie die Mutter von Polanskis Kind. Das bietet die Bühne für eine kurze Geiselnahme und die Auflösung des Falles. Obwohl „Du bist tot“ sowohl die Kind- als auch die Mordhandlung spannend aufbaut, kann das Finale kaum Spannung aufbauen. Zu oft wird auf die Lösung einer Geiselnahme zurückgegriffen, als dass diese Methode – auch mit einem Kind – eine große Überraschung auslösen könnte. Routiniert wird das Finale über die Bühne gebracht, Polanski bringt mit seinem Eingreifen noch einmal seine Karriere in Gefahr, interessiert sich am Ende aber nicht einmal mehr wirklich für den DNA-Test seines Kindes. Den Fall hat er somit hakelig gelöst, an Statur scheint er aber gewonnen zu haben.
Der aktuelle Radiotatort ist auf der Homepage der Serie herunterladbar.