On a voté…et puis après? (von Olivier Besancenot)
|Olivier Besancenot ist ein französischer Politiker. Er erreichte als Kandidat einer kommunistischen Partei Frankreichs 2002 und 2007 vier Prozent bei den Präsidentschaftswahlen. 2012 trat er nicht noch einmal an, veröffentlichte jedoch weniger als zwei Monate nach der Wahl das Buch „On a voté…et puis après?“ (etwa:“Wir haben gewählt…und nun?“).
Das Buch ist in vier Abschnitte unterteilt. Den meisten Platz nehmen die ersten beiden ein: Zunächst erklärt Besencenot, dass die Wahl vor allem eine Abwahl Sarkozys war. Anschließend geht er ausführlich darauf ein, warum die sozialistische Partei unter Präsident Hollande jedoch kaum besser sein wird. Erst im letzten Drittel wendet er sich den anderen politischen Kräften des Landes zu und skizziert am Schluss auf zwanzig Seiten, wie er sich die Zukunft vorstellt.
Besancenot hat dabei sicherlich Recht, wenn er feststellt, dass Hollande nicht gewählt, sondern Sarkozy abgewählt wurde. Das zeigen die desaströsen Umfragewerte Hollandes ein Jahr nach der Wahl, obwohl er viele seiner Wahlversprechen bereits umgesetzt hat. Besancenots radikale Kritik an der sozialistischen Partei, bevor sie überhaupt angefangen hat, zu arbeiten, verwundert nicht. Seine Partei hat sich immer fundamentaloppositionell aufgestellt, verweigerte in der Vergangenheit sogar Bündnisse mit anderen extremen linken Kräften, nur weil diese eine Regierungsbeteiligung mit der sozialistischen Partei nicht im Vornherein ausschließen wollten. Trotzdem steht seine Kritik für einen Großteil der sozialistischen Wählerschaft, die selbstverständlich von einer sozialdemokratischen Politik der PS enttäuscht ist.
Besancenots Abschlusskapitel bietet kein klares Politikkonzept. Er plädiert dafür, die Krise zu nutzen, um die (Arbeits)Rechte und den Wohlstand des Volkes auszubauen, anstatt beides zu beschneiden. Dabei baut er eine Brücke mit der Front Populaire auf, die in der zweiten Hälfte der 30er Jahr in Frankreich Arbeitnehmerrechte umgesetzt hat. Dies könnte wieder erreicht werden, wenn die Massen auf die Straße gehen würden und ihre Rechte einfordern würden. Das ist jedoch höchst unwahrscheinlich, zumal Frankreich ein zwischen zwei politischen Lagern gespaltenes Land ist. Stattdessen sind (nimmt man einige unrealistische Reformvorschläge) viele seiner Projektvorschläge durchaus mit einer sozialistischen Regierung zu erreichen – würde man denn mit ihr kooperieren. Das geht aber natürlich nicht: In der zweiten Hälfte des letzten Kapitels stellt Besancenot fest, dass der Kapitalismus in seiner jetzigen Form abgeschafft werden müsse. Das ist, auch für eine französische Regierung, allerdings eher unmöglich.
Insofern ist Besanecenots Büchlein vor allem hilfreich, um die linke Kritik an der jetzigen französischen Regierung zu kennen. Dabei ist es weder besonders angenehm zu lesen noch bietet es wirklich interessante Politikvorschläge, die man in politisches Handeln außerhalb der Bemühungen, Menschen zur Fundamentalopposition zu überzeugen, umsetzen könnte.