Geisterstunde (ARD-Radiotatort)

GeisterstundeKommissarin Evernich ist genervt: Seit dem Tod ihres Vaters glaubt ihre Mutter, Geister in ihrer Wohnung zu spüren. Als sie ihre Mutter einmal mehr an einem Abend beruhigen muss, wird sie wegen eines Mordfalls gerufen: Herr und Frau Stormann wurden in der Nachbarschaft ihrer Mutter vergiftet. Die Indizien deuten daraufhin, dass Sebastian, der Sohn der Stormanns, das Gift besorgt hat. Der Sohn legt jedoch glaubhaft da, dass er mit der Vergiftung nichts zu tun hat. Evernich steht vor einem Rätsel, der Staatsanwalt Dr. Gröninger scheint jedoch Sympathien für die Geistergeschichten ihrer Mutter zu hegen.

„Geisterstunde“ ist ein sehr übersinnlicher Fall, mit sehr realistischen Handlung. Über eine Brause für Jugendliche nimmt ein älteres Ehepaar Gift auf. Zunächst sieht es so aus, als sei die Ware vergiftet produziert worden. Evernich möchte sofort eine große Rückrufaktion starten, um weitere Opfer zu vermeiden. Hier steht ihr natürlich zunächst die Justiz im Weg, die sich um mögliche Schadensersatzansprüche sorgt. Das ist gar nicht weit hergeholt, da sich tatsächlich herausstellt, dass die Produktion nicht die Ursache für die Vergiftung war.

Stattdessen wird ebenfalls bereits früh in der Handlung herausgefunden, dass über den Computer des Sohnes das Gift bestellt wurde. Damit ist der Sohn als Täter eigentlich bereits gesetzt. Es wirkt somit wie eine künstliche Verlängerung des Krimis, dass Dr. Gröninger neben einem Mann wohnt, der seine Frau schlägt. Das regt die Kommissarin Evernich auf, sie möchte intervenieren. So dramatisch diese Nebenhandlung auch sein mag, für die eigentliche Geschichte ist sie nicht wichtig und wirkt hauptsächlich wie eine künstliche Verlängerung.

Interessanter sind dagegen die Unterhaltungen zwischen dem Staatsanwalt und Evernichs Mutter. Während Evernich alle übersinnlichen Phänomene kategorisch ausschließt, hört Gröninger zunächst aufmerksam zu und bekundet später sogar seine Sympathien für solche Überlegungen. Hier driftet die Unterhaltung rasch in die Populärphilosophie ab und wartet mit einigen interessanten aber auch kruden Thesen auf.

Von diesem übersinnlichen Touch trennt sich der Krimi nicht mehr. Letztlich deutet alles daraufhin, dass der Familienvater Stormann sich und seine Frau selbst vergiftet hat. Vermutlich hatte er pädophile Neigungen und wollte sich selbst davon abhalten, ein Kind zu vergewaltigen. Ob er aber zuvor bereits Hand an seinen (in der Handlung bereits erwachsenen) Sohn angelegt hat, wird nicht geklärt. Es ist nicht einmal sichergestellt, dass Herr Stormann sich tatsächlich vergiftet hat.

„Geisterstunde“ lässt den Zuschauer daher mit einem äußerst offenen Ende, sowie einer merkwürdigen Vision Evernichs allein. Das kann man als übersinnliche Phänomene interpretieren. Oder aber man beharrt darauf, dass Evernich einfach überarbeitet und der Fall nicht aufgelöst ist. So beschäftigt der Fall den Zuhörer durchaus noch einige Minuten nach dem Ende. Während der Spielzeit vermag er allerdings nicht ein hohes Maß an Spannung aufzubauen. Stattdessen plätschert die Handlung zwischen dem Fall, der Nebenhandlung und den beiden Streitpunkten (Evernich gegen ihre Mutter und Dr. Gröninger gegen den Polizisten Claas) mit einigen Längen hin und her. Das ist ganz nett anzuhören, mehr aber auch nicht.

Der aktuelle Radiotatort ist auf der Homepage der Reihe herunterladbar.

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