Der große Gatsby

Ich habe „Der große Gatsby“ im Kino gesehen, ohne das Buch vorher gelesen zu haben. Das mag der Grund sein, warum mir der Film sehr gefiel. Der Erzähler Nick Carraway ist ein einer psychologischen Behandlung und erzählt dort seinem Art die Geschichte Gatsbys. Nick lernte ihn als Nachbarn kennen, als er ein kleines Haus auf Long Island bezog. Gatsby veranstaltete auf seinem riesigen Schloss rauschende Parties, auf die es Carraway auch bald zog.

Gatsby ist dabei eine schillernde und mysteriöse Person. Niemand weiß, woher er kommt, wodurch er sein Geld erworben hat und was er eigentlich bezweckt. Stück für Stück kommt Nick der Wahrheit auf die Spur. Diese Schnitzeljagd nach der Wahrheit über Gatsby weiß den Zuschauer so zu fesseln, dass es den großen Zeitraum, die sie benötigt, rechtfertigt. Letztlich steht Gatsby für die Naivität des amerikanischen Traums. Obwohl Gatsby aus äußerst ärmlichen Verhältnissen stammt, arbeitet er sich mit viel Glück und Ehrgeiz nach ganz oben. Er nimmt für sich in Anspruch, ein gleichberechtigtes Mitglied der reichen Gesellschaft zu sein. Diese will und kann ihn zunächst aus Geldnot, später aufgrund seiner vermeintlich schwächeren Herkunft nicht akzeptieren. Gatsbys Traum, seine Liebe zu verwirklichen, wird ihm dadurch zwei Mal verwehrt.

Gatsby ist freilich nicht ohne Schuld. Sein Geld scheint er nicht auf legalem Weg erworben zu haben. Seine Motive sind aber nicht schlecht, sein Ziel ist ein gutes Leben und vor allem mit der Liebe seines Lebens, Daisy, zusammenleben zu können. Das möchte er anständig, nicht durch das gemeinsame „Durchbrennen“ erreichen. Dieser Anspruch führt ihn jedoch in sein eigenes Verderben. Er zieht nicht nur in der Konfrontation mit Daisys Ehemann zieht er den kürzeren, aus Liebe übernimmt er auch die Schuld an einem Unfall mit Fahrerflucht, den eigentlich Daisy verursacht hat.

Dieser Unfall führt zu seinem Verderben. Nach einer eigentlich guten Tat, wird er von der High Society fallen gelassen, nach seinem Tod wird er von all seinen Freunden fallen gelassen. Der amerikanische Traum, so merkt man dadurch, ist nicht nur eine Illusion, es ist auch der falsche Ansatz. Denn es ist nicht nur so, dass nicht jeder arme Bauer aus dem mittleren Westen zu einem reichen Stadtmenschen werden kann. Es wäre damit zudem auch noch nicht Gleichheit mit anderen Reichen hergestellt. Denn dazu müsste man zudem deren gänzlich unmoralischen Lebensstile übernehmen, wozu Gatsby – zugegeben nur aus Liebe, nicht weil er andere Skrupel hat – gar nicht in der Lage ist.

Diese Story, die noch einige Nebenhandlungen aufweist, fasziniert die ganzen 140 Minuten über. Zwei Elemente stören in dem Film jedoch. Erstens wirkt die Musik deplatziert. Während der rauschenden Feste ertönen aktuelle Hits. Trotz einer unglaublichen Kulisse, die die zwanziger Jahre eigentlich zum Leben erweckt, kommt kein Gefühl der Zeit auf. Stattdessen hat man bis auf wenige Ausnahmen immer ein sehr modernes Gefühl. Das ist natürlich ein interessanter Ansatz, drückt der Film damit doch auch, dass die Handlung des immerhin 1925 erschienenen Romans noch immer aktuell ist. Dann hätte man aber und das ist der zweite Kritikpunkt die Handlung gleich in die Jetztzeit verlegen können. Das hätte viel Arbeit an der Vorlage erzeugt und vermutlich eben so viel Kritik von Puristen. Gleichzeitig hätte es an vielen Stellen, deutlich intensivere Momente erzeugen können. Hätte man zum Beispiel ein drastisches Äquivalent in der heutigen Zeit für die abgehängten und ausgebeuteten Kohlearbeiter im Film gefunden, wären starke Bilder entstanden. Diese und andere Chancen einer radikalen Modernisierung des Stoffes hat man verstreichen lassen.

Nichtsdestotrotz trumpft der Film mit großartigen Bildern auf und sorgt dafür, dass die Story sowohl umfangreich als auch spannend inszeniert ist. Das sorgt alles in allem, trotz der deplatziert wirkenden Musik, für sehr gute Unterhaltung.

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