S.P.O.N-Kolumnen: Zwanghafte Polarisierung

Als die Spiegel Online – Kolumnisten im vergangenen Jahr hielt ich das für eine interessante Idee. Die Kolumnen sind in der Tat immer wieder, gerade nach der Hinzunahme des Wirtschaftsexperten Münchau und der Medien-Kolumnistin Burmester, sehr interessant. Die beiden Politikkolumnen sind hingegen immer schwerer zu ertragen. Es wirkt, als werde hier eine zwanghafte Amerikanisierung der Debatte versucht. Während in den Staaten ausgewogene Meinungen kaum noch gehört werden, verdichtet sich die Debatte auf den populistischen, aber immer erfolgreicheren Kanälen am rechten (FOX) und liberalen (MNBC) Rand. Mit Fleischhauer und Augstein versucht Spiegel Online Ähnliches auf einer einzigen Plattform.

Dabei leidet die Qualität darunter, dass beide Journalisten jede Woche einen Zeriss des vermeintlich gegnerischen Lagers versuchen müssen. Das wird für die armen Kolumnisten immer schwieriger und für Spiegel Online immer peinlicher. So durfte Jakob Augstein in der letzten Woche tatsächlich geradezu pauschal verkünden, die Grünen-Wähler wären nun das „Gute“ Bürgertum, die CDU-Wähler das Schlecht. Noch dramatischer wurde es am Ende der Woche bei Fleischhauer, der mit der Überschrift „SPD im Wahlkampf: Feinde des Volkes“ und einem Bild mit Steinbrück und Gabriel zunächst suggerierte, die Mitglieder der SPD-Fûhrungsspitze seien Feinde des Volkes. Letztlich stellte sich heraus, dass Fleischhauer „nur“ kritisierte, dass die SPD Banker und Manager kritisierte. Kein Wort davon, dass die Union in letzter Zeit wieder vermehrt Ressentiments gegen Einwanderer schürte.

Insgesamt wird dabei viel Show um wenig Inhalt gemacht. Das ist meist so stumpf, dass man die Kolumnen in der Regel getrost ignorieren kann (solange ein geschickter Mitarbeiter durch Überschriftensetzung nicht Interesse durch schieres Entsetzen erheischt). Dabei könnte Spiegel Online, als durchaus vielfältiges Portal durchaus beweisen, dass man polarisierende Debatten auch kluge führen könnte.

Die Chefredaktion müsste die durchaus klugen Journalisten Augstein und Fleischhauer lediglich bitten, in etwas Häme und Pathos abzulegen. Im Idealfall könnten die beiden wöchentlich sogar das selbe Thema diskutieren. Der Leser würde dadurch vermutlich wöchentlich erleben, wie man das gleiche Ereignis aus zwei völlig unterschiedlichen Blickwinkeln betrachten kann. Wenn man schon zwanghaft polarisieren möchte, dann sollte man das klug, gleichzeitig und ohne den ätzenden Unterton, der zur Zeit vorherrscht, machen.

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