Fazit: The Neswroom – Staffel 1
|Nachdem Aaron Sorking eine fiktive Serie über die amerikanische Bundespolitik erschaffen hat, folgte Mitte diesen Jahres eine Serie über die Redaktion einer Nachrichtensendung. Wie bei seiner ersten Serie versuchte Sorkin gute Unterhaltung mit anspruchsvollen Handlungen und einer nur wenig versteckten, liberalen Botschaft zu verbinden. Nach zehn Episoden kann man sagen, er war nicht in allen Zielen erfolgreich.
Die Botschaft der Sendung ist diesmal kaum versteckt. Sorkin stört sich an der starken Polarisierung der Debatte in den USA. Er spricht sich für vermeintlich unabhängige, äußerst kritische Nachrichtensendungen aus, die nicht einseitig Partei ergreifen. Dennoch zeigen die Szenen seiner Sendung nur äußerst selten Kritik an den Demokraten. Stattdessen werden immer und immer wieder die Auswüchse der Tea Party und ihrer Unterstützer angeprangert. Es hätte die Sendung deutlich glaubwürdiger gemacht, wenn man auch bei den Demokraten mal ein dickeres Haar in der Suppe gefunden hätte.
Für den Idealismus ist die neue Redaktionsleiterin MacKenzie zuständig. Leider ist dieser außerordentlich dick aufgetragen. Mit dem „neuen“ Sendekonzept versteht man sich als die einzig wahre Nachrichtensendung. Immer wieder tritt man dadurch äußerst ignorant auf, ohne dass das in der Sendung stark kritisiert wird. Der letzten Folge gelingt es, eine gute Begründung für diesen Idealismus zu liefern. Einer muss, wie ein Idiot, naiv voran gehen, sonst geschieht nie eine Veränderung. Das ist eine nette Idee, aber die Naivität der Sendung ist halt gelegentlich schwer zu ertragen. Doch dazu später mehr.
Denn anspruchsvolle Handlungen gelingen Sorkin durchaus. Das liegt in erster Linie daran, dass er jede Folge mit einem politischen Ereignis verbindet, das etwa ein Jahr vor der Ausstrahlung geschehen ist. Natürlich werden die Geschehnisse nicht wie in einer Nachrichtensendung ausgeleuchtet. Aber man wird an vergangene Momente wie die Ölkatastrophe im Golf von Mexiko oder das Unglück von Fukushima erinnert und erlebt zudem, wie eine Nachrichtenredaktion damit wohl umgehen könnte. Das ist äußerst interessant.
Zudem stimmen die Vorwürfe gegen die Republikaner in den meisten Fällen. Tatsächlich haben viele republikanische Gouverneur versucht, die Wahlgesetze in ihren Staaten zu ändern, um die eigenen Siegeschancen zu erhöhen. Und tatsächlich finanzieren die Koch-Brüder zu einem großen Teil die vermeintlich unabhängige Tea Party. Die Serie hat also neben einer offensichtlichen, naiven Botschaft für einen „besseren“ Fernsehjournalismus auch noch eine pädagogische Funktion.
Dabei baut sich über die zehn Folgen durchaus eine interessante und mehrschichtige Hintergrundhandlung auf. Der Sendungsleitung missfällt das neue Konzept erheblich. Sie versuchen daher Argumente für eine Absetzung zu finden. Mit den firmeneigenen Boulevard-Magazinen macht man daher Jagd auf den Moderator Will McAvoy und seine Mitarbeiter. Bis die Redaktion das herausfindet, ist es beinahe schon zu später. Außerdem werden die Depressionen des Moderators in Sitzungen mit einem Psychologen sehr gut dargestellt.
Das ist alles sehr gut, reicht aber noch nicht aus, um für wirklich gute Unterhaltung zu sorgen. Denn dafür braucht es gelungene, glaubwürdige und sympathische Charaktere. Und an dieser Front versagt die Serie völlig. Außer dem Moderator, der gelegentlich ebenfalls unsinnige Entscheidungen trifft, und dem unsympathischen Don wirkt kein Charakter richtig an seinem Platz. MacKenzie ist viel zu naiv, viel zu gefühlsbetont, um sich die Redaktionsleitung erarbeitet zu haben. Es ist gut, dass man Frauen hier in Führungspositionen zeigt. MacKenzie bietet jedoch zu häufig eine klischeehaftes Frauenbild, das eher abschreckend wirkt.
Noch schlimmer sind die Mitarbeiter Jim und Maggie, die einen Großteil der Sendezeit erhalten. Maggie wirkt immer unbedarft, was daran liegt, dass sie zu Serienbeginn gerade einmal eine bessere Praktikantin ist. Eine wirkliche Entwicklung macht sie aber nicht durch. Bis zum Schluss nervt sie damit, dass sie die meisten Zusammenhänge nicht durchblickt und vor allem keinerlei Entscheidungsstärke besitzt. Jim hingegen wirkt immerhin seriös, seine privaten Gefühle für Maggie und seine unglückliche Beziehung vermögen jedoch keinerlei Sympathie aufzubauen.
Insgesamt entwickeln sich die Charaktere nicht, bleiben stereotyp. Das ist der große Fehler dieser ersten Staffel. Wenn man die Botschaft bereits breit aufträgt, benötigt man gelungene Charaktere, die schweren Prüfungen ausgesetzt sind, um dennoch für Unterhaltung, Spannung und vielleicht etwas Humor zu sorgen. Das misslingt in der ersten Staffel in fast allen Fällen.
„The Newsroom“ fasziniert daher durch den Blick auf eine idealtypische Fernsehsendung. Der Serie gelingt es tatsächlich ein beträchtliches Maß an Sehnsucht nach solch einer Serie aufzubauen. Allein dieser Blick sowie das Schicksal des Moderators und die offene Zukunft der Sendung mögen etwas unterhalten. Für richtig gute Unterhaltung, müssen die bisherigen Charaktere in der zweiten Staffel aber entweder radikal überarbeitet oder aber schlicht ersetzt werden!