Arbeitskosten explodieren, steigen schneller

Am Montag ging die Welt auf ihrer Online-Seite auf die europäische Vergleichsstudie zu den Arbeitskosten in Europa des Instituts für Markroökonomik und Konjunkturforschung (IMK) ein. Titelte man zunächst mit der drastischen Meldung, dass die Arbeitskosten in Deutschland explodieren würden, findet man nun nur noch den Hinweis, dass deutsche Arbeitskosten schneller wachsen.

Im Artikel findet sich ein Hinweis darauf, dass gestiegene Arbeitskosten in der Regel Exportgüter verteuern würden und die Wettbewerbsfähigkeit einer Volkswirtschaft somit schwächen würden. So weit so gut. Gleichzeitig verweisen die Autoren darauf, dass in Bulgarien die Arbeitsstunde gerade einmal drei Euro fünfzig kostet und man in Portugal immerhin noch für zwölf Euro die Stunde im Schnitt Arbeitskraft erwerben kann. Beide Daten zeigen, dass die beiden Länder wohl nur schwer mit Deutschland zu vergleichen sind. Nun, und das ist die eigentliche Nachricht, steigen die Arbeitskosten in Deutschland erstmals seit einigen Jahren etwas stärker als im EU-Mittel. Droht uns nun also wieder eine Phase des industriellen Abschwungs?

Es wird nicht darüber Auskunft gegeben, um welchen Durchschnitt es sich bei den Arbeitskosten handelt. Lediglich die von Industriearbeitern? Oder befinden sich darin auch die Löhne aus der Dienstleistungsbranche? Oder heben gar die Managergehälter in Deutschland den Schnitt ein wenig? Und wenn letzteres zutrifft, könnte die Steigerung der Löhne um, im Schnitt, 2,2% nicht bedeuten, dass vor allem die Manager mehr verdient haben?

Obwohl das IMK ein gewerkschaftsnahes Institut ist, war diese Studie nicht gut platzt. Wobei man erwähnen muss, dass lediglich die WELT die Studie prominent aufgegriffen hat. Denn die Studie eignet sich zu nicht viel mehr als der im Titel festgestellten Erkenntnis. Zu der Wettbewerbsfähigkeit gehört schließlich noch einiges mehr. Was, wenn sich die Produktivität im selben Zeitraum stärker stieg als die Arbeitskosten? Bereits durch diesen Faktor hätte sich die Wettbewerbsschwäche wieder aufgehoben. Obwohl auf weitere Faktoren nicht eingegangen wird, verrät der Artikel im letzten Absatz, dass auch die Lohnstückkosten stärker als im EU-Durchschnitt gestiegen sind. Damit wäre wohl tatsächlich ein Wettbewerbsnachteil verbunden.

Zu Wort kommt ein Experte vom IMK, der darauf verweist, dass höhere Löhne den deutschen Binnenmarkt beleben könnten. Tatsächlich ließ sich in den vergangenen Jahren an vielen Stellen lesen, dass das deutschen Lohndumping zu großen Wettbewerbsverzerrungen innerhalb der EU geführt hat. Denn während in den meisten EU-Ländern die Löhne real steigen, sanken sie bei uns. Vielleicht ist die jetzt festgestellte Entwicklung lediglich ein weiterer Schritt in Richtung Normalität. Die Frage, ob die Löhne in Deutschland zu schnell steigen würden, beantworteten am Montag Abend auf jeden Fall 85% mit Nein.

Ein Kommentator der WELT wies derweil darauf hin, dass in Griechenland (16,5) und Portugal (12) die Arbeitskosten deutlich sinken müssten, damit die Länder wettbewerbsfähig und die Euro-Krise  beendet werden könnte. Natürlich.

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