Bilbo Le Hobbit / Der kleine Hobbit (von J.R.R. Tolkien)

Die Vorgeschichte zum „Herrn der Ringe“ habe ich bereits in der Unterstufe das erste Mal gelesen. Angesichts der im Dezember in die Kinos kommenden Verfilmung, war eine Zweitlektüre angebracht. Da ich mich gerade in Frankreich aufhalte und mir eine überraschend günstige (6€) Taschenbuchausgabe über den Weg lief, habe ich die Zweitlektüre auf Französisch bestritten. Für ein Französisch, das sich etwa auf dem Sprachniveau B2 befindet, ist das eine kleine Herausforderung, da auch die „Kindergeschichte“ um Bilbo Beutlin einige spezielle Vokabeln mit sich bringt. Daher kann ich nichts zur Sprache und dem Detailreichtum von Tolkiens erstem Werk sein.

Das war aber auch nicht der Grund, warum ich den Roman ein zweites Mal gelesen habe. Mir ging es erstens darum, die grobe Handlung noch einmal aufzufrischen und zweitens, mir eine Vorstellung davon zu machen, wie man den doch überschaubaren Roman (in der französischen Taschenbuchversion 380 Seiten) auf die drei geplanten Filme verteilen könnte.

Die Haupthandlung ist eher schlicht: Gandalf schlägt 13 Zwergen, die den Drachen Smaug aus dem Heimatberg ihrer Ahnen, Erebor, vertreiben möchten, um an ihren Erbschatz zu gelangen, den Hobbit Bilbo Beutlin vor. Die Hobbits stehen Abenteuern äußerst skeptisch gegenüber, dennoch lässt sich Bilbo überreden mitzukommen. Auf der Reise begegnen ihm allerlei Gefahren und ein Ring, dessen Träger unsichtbar wird.

Die Handlung erschien mir bei der zweiten Lektüre überraschend schlicht. Natürlich spürt man auch in dem Hobbit die Faszination, die Mittelerde ausüben kann. Immerhin tauchen bereits das Auenland, Bruchtal und (in Erzählungen) Moria auf. Gleichzeitig bleibt aber viel im Dunkeln. Vor allem aber bleibt die Geschichte insgesamt höchst unwahrscheinlich. Das ist natürlich ein unsinniges Kriterium, wenn man über einen Fantasy-Roman schreibt. Das große Frage ist jedoch, warum Gandalf Bilbo den Zwergen vorschlägt. Den Bilbo wäre auf der ganzen Reise in keiner Situation wirklich hilfreich, wenn er nicht den „einen“ Ring im Nebelgebirge gefunden hätte. Erst durch die Fähigkeit, sich unsichtbar zu machen, kann er den Zwergen nützen. Den Fund des Rings konnte Gandalf jedoch nicht vorhersehen. Aber auch später besteht seine einzige wirklich nützliche Tat darin, die Zwerge zu Verhandlungen mit Menschen und Elben zu zwingen. Es stellt sich hier als nützlich heraus, dass Bilbo nicht Gold besessen ist. Dieses Kriterium allein dürfte jedoch nicht ausgereicht haben, um die Reise der Zwerge von ihrer Heimat in das Auenland und dann den ebenfalls längeren Weg zum Berg Erebor zu rechtfertigen. Gandalfs Entscheidung wirkt also höchst merkwürdig.

Die Charaktere sind kaum ausgearbeitet. Bilbo bleibt bis zum Schluss naiv und gut, die Zwerge hingegen sind zu zahlreich, als dass einzelne sich profilieren könnten. Fast jedes Kapitel bietet ein abgeschlossenes Unterabenteuer, was für einen ordentlichen Spannungsbogen in jedem einzelnen Kapitel sorgt. Am Ende wird der Drache Smaug überraschend schnell getötet, die wahre Gefahr entspringt einer großen Schlacht, die um den Berg entbrennt. Das ist eine unerwartete, aber spannende Wendung. Insgesamt ist der Roman gut zu lesen, es bleiben jedoch viele Fragen offen.

Und hier scheint es tatsächlich Platz für drei Filme zu geben. Im neuen, zweiten Trailer zum ersten Filmteil wird Gandalf die Frage gestellt, warum er sich für den Hobbit als Begleiter entschieden hat. Dabei wird diese Frage von Galadriel aufgeworfen. Das deutet bereits an, dass in dem Film die vielen Abstecher Gandalfs, der im Roman die Reisegruppe immer wieder verlässt, ohne dass seine Aktivitäten näher beschrieben werden, gezeigt werden. Hier wird mit hoher Wahrscheinlichkeit auch geklärt, warum Gandalf wohl gerade Bilbo ausgewählt hat. Natürlich wäre das alles die Interpretation von Peter Jackson, doch dürfte das genügend Material bieten, um mehrere Filme spannende zu gestalten. Zumal mit Galadriel wohl auch ein weiteres Mitglied des Weißen Rates, nämlich Saruman auftauchen könnte. Saruman zu erleben, als er noch für das Gute stritt, dürfte spannend sein.

Außerdem bietet das Buch genügend Platz, die einzelnen Charaktere zu interpretieren und auszugestalten. Ob das für drei Filme reicht, ist mir noch nicht ganz klar. Klar ist: Eine eng am Buch angelehnte Interpretation kann es nicht werden. Stattdessen werden die vielen Andeutungen und ungeklärten Fragen des Buches aufgenommen und verarbeitet werden. Ob das gut geht, ist ungewiss. Spannend werden die drei Verfilmungen daher auf jeden Fall, auch für Leser des kleinen Hobbits.

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