We Just Decided To (The Newsroom Folge 1)

Will McAcoy ist der Leiter und Sprecher der Nachrichtensendung News Night. Seine Sendung erreicht gute Quoten, vor allem weil Will sich mit seiner Meinung zurückhält und es allen recht macht. Bei einer Podiumsdiskussion mit Studenten sieht er eine Ex-Freundin, die ihm Botschaften hochhält. In der für ihn ermüdenden Diskussion, in der neben ihm eine Demokratin und ein Republikaner teilnehmen und heftig streiten, bringt ihn das zu einem kleinen Wutausbruch. Auf die Frage einer Studentin, warum Amerika das beste Land der Welt ist (was die anderen Diskussionsteilnehmer mit Phrasen beantworten), erklärt er ihr, warum Amerika das nicht ist.
Das bringt für seine Sendung natürlich einige Probleme mit sich. Es stellt sich zudem heraus, dass Will ein schlechter Arbeitgeber ist und seine Mitarbeiter stiefmütterlich behandelt. Ein Großteil wechselt daher bei der nächstbesten Möglichkeit zu anderen Sitzungen.
Der einstündige Pilotfilm kommt in Fahrt als MacKenzie McHale – wie sich später herausstellt, die Ex-Freundin aus dem Publikum – als neue Redaktionsleiterin von der Firmenleitung eingestellt wird. Will ist darüber nicht begeistert, versucht das sogar zu verhindern. MacKenzie erhält aber die Chance, ihren Plan einer wirklichen, seriösen und doch akzentsetzenden Nachrichtensendung in die Tat umzusetzen. Sie erhält die Chance als einer ihrer Mitarbeiter, gegen den Widerstand von Wills bisherigen Redakteuren, erkennt, dass die DeepWater Katastrophe im Golf von Mexiko tatsächlich eine Katastrophe ist und das Material für eine einstündige Nachrichtensendung bietet.
Binnen kürzester Zeit gelingt dem Team eine wegweisende Sendung, die die Debatte über die Katastrophe überhaupt erst startet.

Mitten in die aufgeheizte Stimmung in Amerika platzt die Serie „THe Newsroom“ von „West Wing“-Erfinder Aaron Sorkin. Der Hauptcharakter, Will McAcoy, hat eine starke Abneigung gegen das ideologische Phrasendreschen der Anhänger der beiden großen Parteien Amerikas. An diesen Diskussionen kann er sich seines Rufes wegen nicht beteiligen und er will es auch nicht da sie ihm, wie die Startsequenz zeigt, schlicht zu verblendet sind.

Er ist jedoch kein reiner Sympathieträger. Seine Angestellten und Mitarbeiter beachtet er kaum. Zu Beginn fällt ihm nicht einmal auf, dass seine Redaktion leer ist, weil beinahe sein komplettes Team zu einer anderen Nachrichtensendung der Firma gewechselt ist. Außerdem ist er, zumindest in dieser Episode, kein Idealist.

Als MacKenzy ihm nämlich ihre Pläne für eine seriöse Nachrichtensendung, wie es sie in den Vereinigten Staaten von Amerika nicht mehr erfolgreich gibt, präsentiert, verweist er sie auf viele Studien, die zeigen, dass so ein Konzept gar nicht erfolgreich sein kann. Entweder seichte, anbiedernde Unterhaltung ist gefragt, oder aber eine stark tendenziöse Berichterstattung. Da er letzteres nicht leisten wolle, müsse er sich auf ersteres konzentrieren.

Trotz dieser Pessimismus und der unsympathischen Ader beweist er den richtigen „Riecher“ als er MacKenzies Produzenten anhört und seinen Vorschlag die Ölkatastrophe im Golf von Mexiko als Sonderthema zu nehmen.Die Hauptperson ist also mit einer unsympathischen Seite ausgestattet, gleichzeitig aber talentiert und von der polarisierten Stimmung sichtlich genervt. Gleichzeitig ist Will noch immer sehr beliebt und aufgrund seiner bisherigen Arbeitsweise wird er als sehr seriös empfunden. Mit einer seriösen, aber kontroversen Sendung könnte er theoretisch also Erfolg haben.

Der Ansatz der Sendung ist dabei zu loben. In Zeiten, in denen – nicht nur in Amerika – seriöse Berichterstattung schlicht nicht mehr erfolgreich ist, sondern tendenziöse, eindeutig ideologisch gefärbte Nachrichten am ehesten noch Erfolg haben, ist ein Plädoyer für „guten“ Journalismus in Form einer Serie ein mutiges Unterfangen. Denn warum sollte das Plädoyer für ein zur Zeit unerfolgreiches Nachrichtenkonzept erfolgreicher sein als das ungefragte Original?

Mutig sind auch die langen Dialoge über ein recht begrenztes Thema. Nach dem durchaus unterhaltsamen Einstieg, dreht sich die erste halbe Stunde alles um Wills Sendung und die Übernahme durch MacKenzie als Executive Producer. Die zweite Hälfte der Folge ist dann das Bestreiten der Sendung selbst. Das ist wenig Handlung mit vielen Dialogen. Diese Dialoge sind aber bei weitem nicht so spritzig wie sie noch in Sorkins erster Serie „The West Wing“ waren.Das ist gefährlich, denn die sprachliche Gewandheit, die vielen Witze und der Sarkasmus, der oft nah am Zynismus war, machte „The West Wing“ trotz des Anspruchs und der Dialoglastigkeit zu einer erfolgreichen Serie. Nur mit Anspruch und Dialoglastigkeit ist schwer vorzustellen, dass die Serie ein breites Publikum erreicht.

Dieses Ziel wird auch dadurch erschwert, dass wenig Spannung in der Episode aufkommt. Die große Frage ist für den Zuschauer nämlich, ob die Sendung gelingt. Dabei könnte die Kernfrage lauten, ob das Thema richtig gesetzt ist. Da ein reales Ereignis, das zwei Jahre zurückliegt, gewählt wurde, weiß der Zuschauer, dass das Team auf die richtige Seite gesetzt hat. Ein fiktives Ereignis hätte zwar erst einmal genauer beschrieben werden müssen, hätte aber auch die Spannung vergrößert.

Daher bleibt abzuwarten, ob sich auch die folgenden Episoden an realen Ereignissen orientieren werden. Die Serie kann von dieser Folge zur nächsten schwerlich einen Zeitsprung von zwei Jahren machen. Es ist somit zu erwarten, dass die Sendung zumindest erst einmal im Jahr 2010 weitermachen wird. Weitere reale Ereignisse aus der Zeit sind also nicht ausgeschlossen.

„We Just Decided To“ ist ein Pilotfilm, der gut in das Setting der Serie einführt. Es geht um eine Nachrichtensendung, mit einem erfolgreichen aber desillusionierten Moderator. Sie wird von einer Frau übernommen, die sehr idealistisch ist, als Kriegsreporterin viel erlebt hat und das Profil der Sendung radikal verändern will. Die Beziehung zwischen Moderator und Executive Producer bietet noch einiges Potential. Auch die bereits eingeführten Redakteure deuten interessante Charakterstränge an.

Die Sendung zeigt dabei in der Grundhandlung von großer Sehnsucht nach dem „guten“, dem „seriösen“ und doch „kontroversen“ Journalismus. Lebte „The West Wing“ während der Bush-Jahre vor wie amerikanische Politik auch aussehen könnte, bietet „The Newsroom“ die Chance eine fiktiven Alternative zu dem immer populistischeren und gleichzeitig doch unerfolgreicheren US-Journalismus zu zeigen. Der dabei gelegentlich etwas kitschig wirkende Idealismus, der dabei zutage tritt, ist zumindest in der ersten Episode zu ertragen.

Insofern ist es „The Newsroom“ der Erfolg sehr zu wünschen. Es könnte, gerade jetzt im Wahlkampf, nicht schaden, wenn in den Staaten ein erfolgreiches Serienplädoyer für weltanschaulich neutralen aber doch kontroversen Journalismus läuft. Und es würde vielen anderen Ländern, unter anderem auch Deutschland, nicht schaden, wenn dieses Plädoyer auch dort erfolgreich wäre. Die erste Folge mag zwar nicht spannend sein, aber sie unterhält durch kluge, lange, aber nicht langweilige, Dialoge und die Einblicke in die Herstellung einer Nachrichtensendung. Nach dem Sehen freut man sich nicht nur auf die nächste Episode, sondern verspürt Sehnsucht und das Bedürfnis nach guten Journalismus.

 

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