Frankreich: Sozialistische Mehrheit, ohne Republikanische Front gegen Rechtsextremisten

Frankreich hat gestern im zweiten Wahlgang die letzten Plätze der Nationalversammlung gewählt. Für die Sozialisten um François Hollande war die Wahl ein Triumph: Sie holten die absolute Mehrheit. Die konservative UMP musste eben so eine Niederlage einstecken wie die extrem Linke Front de Gauche. Anders sieht es bei den Rechtsextremisten aus. Der Front National ist erstmals seit 1986 wieder mit Abgeordneten in der Nationalversammlung vertreten.

Frankeich wählt nach einem strikten Mehrheitswahlrecht. Wer im ersten Wahlgang in seinem Wahlkreis mehr als 50% erhält, gelangt ins Parlament, alle anderen Kandidaten nicht. Wenn niemand mehr als 50% erhält, kommen diejenigen, die mehr als 12,5% der Wahlberechtigten hinter sich vereinen konnten, in die Stichwahl.

François Mitterand änderte das 1986 und führte die Verhältniswahl ein. Dabei kam unter anderem der Front National in das Parlament. Die Verhältniswahl wurde aber bereits zwei Jahre später wieder abgeschafft und seitdem gibt es die so genannte Republikanische Front gegen den Front National.

Aufgrund des Mehrheitswahlrechts braucht es schließlich eine deutliche Mehrheit in einem Wahlkreis, um den Wahlkreiskandidaten ins Parlament zu wählen. Selbst für eine 13%-Partei wie den Front National war es bisher nie möglich, einen Kandidaten im ersten Wahlgang durchzusetzen.

Immer wenn ein Kandidat des Front National den zweiten Wahlgang erreichte, bildete sich die Republikanische Front. Das bedeutet, alle demokratischen Parteien einigen sich auf den aussichtsreichsten Kandidaten (meist denjenigen, der im ersten Wahlgang den ersten oder zweiten Platz belegt hat) und rufen ihre Anhänger auf, diesen zu wählen. Auf diese Art und Weise, wurde bisher erfolgreich verhindert, dass der Front National in die Nationalversammlung gelangt.

Das schafft natürlich das Problem, dass sich der Front National nie beweisen muss. Er kann alles fordern, hat aber nicht einmal die Möglichkeit, sich durch schlechte parlamentarische Arbeit zu blamieren, so wie es die NPD in Deutschland beim Überschreiten der 5%-Hürde regelmäßig schafft.

Gestern ist es dem Front National gelungen, zwei Wahlkreise in der Stichwahl zu gewinnen. Wie konnte das geschehen?

Der erste Grund ist, dass die UMP sich einer republikanischen Front verweigert hat. Unter Sarkozy hat sich die konservative Partei Frankreichs verbal bereits dem Front National angenähert. Nun war man nicht mehr bereit, sozialistische Kandidaten zu unterstützen, um den Front National zu verhindern. Das zeigt einmal mehr: Auf Konservative ist im Kampf gegen Rechts kein Verlass. Sobald sie politisch von Rechts unter Druck stehen, knicken sie ein, übernehmen deren Parolen und vergessen ihre eigenen Werte.

Es sollte aber auch erwähnt werden, dass die Sozialisten nicht immer zugunsten eines aussichtsreicheren, konservativeren Kandidaten zurückgezogen haben. In Vaucluse hat Catherine Arkilovitch weiter kandidiert, obwohl sie im ersten Wahlgang nur den dritten Platz erreichte. Die Parteichefin der Sozialisten Martine Aubry rief Catherine Arkilovitch zwar auf zurückzuziehen, sie tat es aber nicht. So gelangte die Nichte Marine Le Pens ins Parlament.

Die Wahl gestern zeigte, dass das rechtsextreme Problem Frankreichs weiter fort besteht. Es braucht eine überzeugende Politik, um dem Front National den Wind aus den Segeln zu nehmen. Mit der absoluten Mehrheit im Parlament haben die Sozialisten nun die Chance, eine bessere Politik zu machen.

Gleichzeitig bricht in der UMP nun ein Richtungsstreit aus: Es gibt noch die Demokraten, die es für unvereinbar mit den Werten der Partei halten, den Front National zu unterstützen. Andere möchten nun ein Bündnis mit dem Front National gegen die Sozialisten eingehen. Es bleibt spannend, in welche Richtung sich die frisch geschlagenen Konservativen entwickeln. Die letzte Entscheidung, keine republikanischen Fronten mehr zu bilden, verheißt nichts Gutes.

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