Rot-Grün: Die Alternative muss Antworten erarbeiten

Bald hat Deutschland drei verlorene Jahre einer schwarz-gelben Regierung hinter sich. Doch obwohl sich während der zweiten Regierung Merkel ein Skandal an den nächsten reihte, gibt es keine klare Wechselstimmung. Klar ist nur: Schwarz-gelb wird nicht mehr gewünscht. Die FDP erreicht Parlamente nur, wenn sie sich gegen das stellt, was sie in der Bundesregierung zu verantworten hat (Schleswig-Holstein) oder wenn sie von einer enorm schwachen CDU profitieren kann (Hamburg, Nordrhein-Westfahlen). Das Problem der Opposition ist dabei weiterhin Angela Merkel. Ihre Regierung ist hauptsächlich inaktiv, wichtige Projekte werden nicht angegangen. Merkel aber entzieht sich jeder Niederlage, jedem Skandal. Bei Streitpunkten wie dem Betreuungsgeld moderiert sie lediglich oder aber beraubt die Opposition mit Scheinlösungen um Themen (Energiewende, Mindestlohn). Das einzige Feld, in dem sie sich (scheinbar) klar positioniert, ist die Europapolitik. Gegen diese Regierung hilft somit nur ein Projekt, dass die inhaltliche Hegemonialstellung der Kanzlerin über die Europapolitik bricht.

Theoretisch ist das eine einfache Sache. Denn jetzt sagt Merkel: Sparen, sparen, sparen. Das ist das einzige Feld, auf dem sie ihre Linie gehalten hat. Beobachtet man ihre Positionen zur Griechenlandhilfe, ist sie weitaus flexibler. Von der Position: Kein Cent vor der Wahl in NRW 2010 bis heute hat sich viel verändert. Das macht vor allem deutlich, dass hinter Merkels Europapolitik keine Strategie steckt. Sie passt sich der Lage an. Das lief 2010 und 2011 nach dem Prinzip Hoffnung ganz gut, ist aber zusehends nicht mehr möglich. Eine klare Strategie, eine klare Lösung muss herausgearbeitet und kommuniziert werden.

Bloß wird das mit jedem Monat schwieriger. Langfristige Projekte sind schwer planbar. War es 2010 noch deutlich, dass die SPD und die Grünen für Eurobonds plädierten, ist das nun schwieriger. Es ist nicht mehr klar, ob Eurobonds noch helfen. Die SPD-Troika, die im September noch auftreten konnte und Merkel unter Druck setzen konnte, wirkte beim letzten Auftritt nicht mehr konzeptionell überraschend. Der Supergau ist, dass sich rot-grün nun in Teilen von Eurobonds distanzieren. Das schafft Verwirrung.

Für eine Oppositionspartei ist es aber wichtig, dass die Wähler wissen, was sie möchte. Sie muss eine klare Alternative anbieten. Wenn man also von Eurobonds Abschied nimmt, dann muss ein anderer Weg präsentiert werden. Eine ominöse „Wachstumsstrategie“ kann eben so wenig die Lösung sein, wie die „Schuldentilgungsfonds“. Die Krise ist groß, die Lösungen werden nicht leicht sein. Deswegen kann man auch keine weiteren Worter der Kategorie „Politiksprech“ erfinden. Jetzt muss deutlich gemacht werden, dass die Komplexität erkannt ist und dass die Regierung vor der Komplexität kapituliert hat. Damit muss man sich als Alternative präsentieren.

Positiv ist dabei zu vermerken, dass Sigmar Gabriel und Jürgen Trittin offensichtlich bereits gemerkt haben, das eine Alternative sichtbar gemacht werden muss. Die Piraten sind auf absehbare Zukunft nicht regierungsfähig. Die Linke zerlegt sich selbst und ist inhaltlich noch nicht bereit, innerparteilich zu einer Meinung zu kommen. Insofern ist für die Ablösung von schwarz-gelb, möchte man nicht auf die große Koalition, schwarz-grün oder die Einbindung der noch immer marktradikalen FDP zurückgreifen, nur rot-grün verfügbar. In einem Interview für den Cicero machten Trittin und Gabriel das deutlich.

Diese Alternative muss jetzt getrennt und gemeinsam Konzepte erstellen und ein inhaltliches Projekt aufbauen. Das Interview deutet die ersten Gemeinsamkeiten bereits an. Doch gerade an der klaren Kante muss noch gearbeitet werden. Wir brauchen Antworten auf unsere Zeit: Wie kann eine Mitte-Links-Regierung die Gestaltungsmacht der Politik zurückerlangen. Das geht nur, wenn das Dauerthema Finanzkrise gelöst wird. Daher braucht es dafür eine glaubhafte Lösung, die den Bürgern vermittelt werden wird und die abseits von der BILD-„Pleitegriechen“-Hetze mehrheitsfähig ist! Und nur wenn man sich als klare Alternative präsentiert hat, kann man überzeugend darauf hinweisen, dass sich die Bundesregierung mit ihrer Europapolitik den Forderungen der linken Parteien immer weiter annähert.

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