Präsidentschaftswahl in Frankreich: Europäische Parteiinteressen?

Man sollte nicht vergessen, mit welch überraschender Vehemenz deutsche Konservative Nicolas Sarkozy im Wahlkampf unterstützt haben. Unsere Bundeskanzlerin äußerte ihre Unterstützung öffentlich, kündigte Werbeveranstaltungen in Frankreich an und schmiedete mit konservativen europäischen Regierungschefs ein Bündnis, Hollande vor der Präsidentschaftswahl nicht zu empfangen. Ihr Innenminister Friedrich half Sarkozy kurz vor der Stichwahl dabei, die Wähler der rechtsextremistischen Front National zu überzeugen, mit dem Vorschlag, das Schengen-Abkommen auszusetzen.

Gleich nach der Wahl wurde der Tonfall freilich gelassener und versöhnlicher. Hollandes Pläne wurden relativiert, sein Besuch in Deutschland verlief ruhig. Am vergangenen Dienstag war ich bei einer Veranstaltung der CDU-nahen Konrad-Adenauer-Stiftung zu den Präsidentschaftswahlen in Frankreich. Überraschend offen wurde dort dargelegt, dass Nicolas Sarkozy nicht nur abgewählt wurde, weil er wie ein Präsident der Reichen wirkte. Auch die hohe Arbeitslosigkeit und die nicht komplett erfolgten Strukturreformen haben seine Anhänger enttäuscht.

Das Programm Hollandes wiederum wurde stark relativiert. Die Erhöhung des Spitzensteuersatzes ab einem Einkommen von einer Million auf 75% würde nicht viele Menschen treffen und auch nicth viel Geld in die Kassen spülen. Dem Stabilitätspakt ein Wachstumsprogramm zur Seite stellen, war von Anfang an geplant, auch Deutschland habe nichts gegen Wachstum, solange es nicht auf Pump finanziert werde. Und zuletzt würden die Verhältnisse Hollande bald zwingen, von kostspieligen Konjunkturprogrammen abzusehen. In anderen Punkten (so auch der Finanztransaktionssteuer) liege man eigentlich auf der selben Linie.Das konservative Publikum sah das in Teilen zwar anders als die Referentin und wünschte sich, Hollande würde – wie Gerhard Schröder – nun den französischen Sozialstaat umfassend umstrukturieren. Insgesamt wurde aber deutlich, dass auch die KAS den sozialistischen Wahlsieg in Frankreich für nicht so dramatisch hält, wie es die CDU-Wahlaktionen haben vermuten lassen.

Merkels Eingreifen in den französischen Wahlkampf ist ein Novum gewesen und im Grundsatz begrüßenswert. Denn es hat das Augenmerk der deutschen Öffentlichkeit auf die Innenpolitik unseres Nachbarlands gelenkt. Außerdem hat sie nicht den Eindruck erweckt, den Franzosen vorschreiben zu wollen, wen sie wählen sollten. Auf diese Weise wird der europäische Integrationsprozess auf interessante Art fortgeführt. In dem Maß, in dem die Politik nicht mehr ausschließlich national bestimmt ist, werden auch Wahlkämpfe internationaler.

An dem jetzigen Ergebnis wird aber deutlich, dass es bei der CDU-Unterstützung für Sarkozy zwar in erster Linie darum ging, dass eine zweite Amtszeit Sarkzoys für Merkel bequemer gewesen wäre. Doch mindestens so wichtig war die Tatsache, dass Sarkozy ein konservativer Präsident war. Merkel selbst rechtfertigte ihre Unterstützung damit, dass sie und Sarkozy zur selben Parteienfamilie gehören. Im Gegenzug trat Hollande übrigens auf dem Bundesparteitag der SPD und in einem Doppelinterview mit Sigmar Gabriel in der FAZ und einer französischen Zeitung auf. Das macht deutlich: Dieser Wahlkampf war nicht nur thematisch europäischer, sondern auch von europäischen Parteiinteressen dominiert. Für die Demokratie auf europäischer Ebene ist es wichtig, dass zum Beispiel im Europaparlament von der Öffentlichkeit wahrgenommene europäische Parteien agieren. Dass die nationalen Parteien nun damit beginnen, ihre Interessen und ihre Parteienfamilien europaweit zu stärken, ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu europäischen Parteien, die für eine europäische Demokratie notwendig sind.

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