Landtagswahl in Schleswig-Holstein: Stabile Verhältnisse ohne schlechten Stil?

Am Sonntag wird im nördlichsten Bundesland gewählt. Derzeit regiert eine schwarz-gelbe Koalition, der bereits im Jahr 2010 gerichtlich attestiert wurde, sie regiere zu Unrecht. Mit Neuwahlen ließ sich die Regierung jedoch knapp zwei Jahre Zeit, zu groß schien das Risiko die Wahl zu verlieren. Das lange Warten brachte der regierenden CDU jedoch wenig, in Umfragen liegt sie knapp hinter der SPD. Das spornt die Christdemokraten an. Im Saarland hat man schließlich gesehen, dass Umfragen am Wahltag nichts mehr zählen. Anders als im Saarland verstärkt die schleswig-Holsteinische Union ihren Wahlkampf allerdings durch dumpfen und teils blinden Populismus. Der Stil ist agressiv und dreckig, höchste Zeit also, dass die Union aus der Regierungsverantwortung erlöst wird.

Während Thorsten Albig, der Spitzenkandidat der SPD, mit seiner Lieblingslandtour durch Schleswig-Holstein reist, den Menschen zuhört und dabei nur über sich, nicht über die Konservativen spricht, fahren die einen möglichst aggressiven Wahlkampf. Auf die Perspektive einer Dreierkoalition aus SPD, Grünen und dem Südschleswigscher-Wählerverbund (SSW) warnte die CDU vor einer „Dänen-Ampel„, warf dem SSW vor, dänische Interessen nicht richtig zu vertreten und behauptete, die drei Parteien wollten ein bildungspolitisches Chaos. Wer stabile Verhältnisse haben wolle, müsse die CDU wählen. Dieser Spruch ist so alt und mittlerweile so schlecht.

Denn 2009 gab es bereits vorzeitige Neuwahlen, da sich CDU und SPD in einer Großen Koalition nicht vertragen konnten. Es gilt dabei auch in der Politik: Zum Streiten gehören immer zwei. Die damaligen, alles anderen als stabilen Verhältnisse sind zu einem gewissen Teil auch Schuld der Union. Zudem stellt sich die Frage, wie es mit der CDU denn stabile Verhältnisse geben soll. Zu einer Koalition mit der FDP wird es nicht reichen, zu einem Bündnis mit den Grünen vorraussichtlich auch nicht. Damit bliebe nur die Große Koalition, die sich vor drei Jahren bereits alles andere als stabil erwiesen hat. So zeigt sich, dass selbst das peinliches, populistisches Stabilitäts-Bonmot der Union in Schleswig-Holstein bereits im Vorraus als dreiste Lüge erkennbar ist.

Beinahe witzig ist zudem, dass die Union den drei möglichen Koalitionären unwahre Ziele attestieren. Weder wollen alle drei die Gymnaisen abschaffen, noch ist es wahrscheinlich, dass sich der kleinste Koalitionspartner mit einer großen Gemeindestrukturreform durchsetzt. Stattdessen verschweigt die Union natürlich, dass die Bildungspolitik der letzten drei Jahre alles andere als eine Ruhmesblatt war. Chaos herrschte, die Möglichkeit von Gymnasien sowohl G9 als auch G8 anzubieten, ist an Skurrilität nicht mehr zu überbieten. Das kann die CDU freilich noch auf den liberalen Bildungsminister schieben. Dass die CDU aber wiederholt argumentierte, wenn man jetzt keine neuen Lehrer einstelle, habe man in wenigen Jahren aufgrund der demographischen Entwicklung mehr, müssen sich die Christdemokraten vorhalten lassen. Wie kann man der Koalition um die SPD vorwerfen, sie wolle die Gymnasiallehrereausbildung stoppen (Quatsch), wenn man selbst zwar die Ausbildung weiter laufen lassen möchte, aber keine neuen Lehrer einstellen möchte?

Eine Gemeindestrukturreform wäre zudem nur deswegen nötig, weil die CDU in der Großen Koalition eine Kreisstrukturreform verhindert hat. Die Position der SPD, es ist besser wenn Kreise anstatt Städte zusammengelegt werden, interessierte die CDU nicht. Sie hatte Angst vor dem Unmut der Bürger darüber, dass ihr Heimatkreis verloren geht. Dass damit viele strukturelle Einsparungen hätten erreicht werden können, schien der CDU nicht nennenswert. Denn die CDU spart nur dann, wenn ihre eigene Klientel darunter nicht zu leiden hat.

Zuletzt schwingt die Union einmal mehr die Schuldenkeule. Das ist ganz besonders komisch, da die Union das Land die letzten sieben Jahre regierte. Wo sind denn da die großen Einsparungen? Natürlich waren vier Jahre davon eine Regierung mit den Sozialdemokraten. Doch in den schwarz-gelben Jahren hat man der Hoteliersteuer der Bundesregierung zugestimmt, was dem touristisch geprägten Schleswig-Holstein hohe Verluste gebracht hat. Gleichzeitig hat man selbst ein schlechtes, weil unausgewogenes Sparkonzept. Anstatt, wie oben beschrieben, an strukturellen Elementen zu sparen, kürzte man bunt die Förderung von Universitäten, Frauenhäusern und des Bilndengeldes. Ein Konzept war nicht zu erkennen und überraschender Weise brachte das Packet auch keine Wende in der Verschuldungsorgie des Landes. Der CDU-Spitzenkandidat Jost de Jager hat sich dabei nicht als besonderer Sanierer erwiesen. Im Gegenteil, die Frankfurter Allgemeine Zeitung attestiert ihm, dass (als Wirtschaftsminister) im Grunde gar kein Interesse an Wirtschaft gehabt habe. Das wichtigste Thema seines Ressorts, die Sanierung der HSH Nordbank habe er seiner Staatssekretärin überlassen. Thorsten Albig hat hingegen bereits für zwei recht erfolgreiche SPD-Bundesfinanzminister (Eichel und Steinbrück) gearbeitet und hat durchaus Fähigkeiten, um die Schulden abzubauen. Dass ausgerechnet die Union, die jahrelang die Schulden nicht angepackt hat, das nun der SPD vorwirft ist lächerlich. Die besseren Sanierer sind immer noch Sozialdemokraten.

Wichtig ist, dass der schlechte Stil der Union abgewählt wird. Wer im Wahlkampf (wie oben dargelegt) dreist mit Lügen um sich wirft und zudem verkündet „man habe noch gemeine Sachen in der Schublade„, der tut der politischen Kultur keinen Gefallen. Auch inhaltlich hat die CDU weitesgehend abgewirtschaftet. Leider ist eine Koalition aus SPD, Grünen und SSW aufgrund des Aufstiegs der Piraten alles andere als sicher. Daher muss die SPD als stärkste Partei aus der Wahl am Sonntag hervorgehen, damit auf jeden Fall eine vernünftige Stimme tonangebend in einer zukünftigen Landesregierung ist. Beide Stimmen für die SPD erhöhen somit nicht nur die Chance, die CDU nach sieben Jahren, darunter drei verschwendeten schwarz-gelben Jahren, abzuwählen, sondern sichern auch dass im „Worst-Case“-Szenario die Union nur als Juniorpartner dabei ist. Nach dem Chaos der letzten Jahre hat Schleswig-Holstein eine stabile, sachorientierte und SPD-geführte Landesregierung ohne den schlechten Stil der Union verdient.

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