Der Hundertjährige, der aus dem Fenster stieg und verschwand (von Jonas Jonasson)

Allan Karlsson steigt an seinem 100. Geburtstag aus dem Fenster seines Altersheim. Auf der Flucht vor der strengen Schwester Alice begibt er sich zur nächsten Reisestation. Dort klaut er einen Koffer. Es stellt sich heraus, dass dieser Koffer einem Kriminellen gehört und dass sich in ihm 50 Millionen Kronen befinden. Allan Karlsson steht eine spannende, komische und absurde Reise durch Schweden bevor, an deren Ende er viele Freunde haben wird. Das gleicht seinem bisherigem Leben, das ebenfalls spannend, komisch und absurd ist. Der Leser kommt in den Genuß an beidem teilzuhaben.

Allans Erlebnisse nach seinem 100. Geburtstag sind komisch. Er bestiehlt nicht nur ein kleines Drogenkartell, sondern bringt nacheinander alle seine Verfolger um. Dabei scharrt er Kleinkriminelle, erfolglose Imbissbudenbetreiber und Elefantendiebe (!) um sich. Die Geschichte wird dabei nicht nur aus Allans Perspektive erzählt, sondern auch aus der Sicht des Kommissars, der den Fall des verschwundenen Hundertjährigen aufklären soll. Das bringt eine zusätzliche absurde Perspektive in die Geschichte.

Zwischendurch erzählt Jonasson immer wieder chronologisch korrekt Episoden aus Allans Leben. Allans Vater fiel der Russischen Revolution zum Opfer. Allan selbst wurde in seiner Jugend in Schweden als verrückt angesehen, in eine Anstalt eingewiesen und zwangssterilisiert. Nach seiner Entlassung war Allan jedoch bei fast jedem wichtigen Ereignis des 20. Jahrhunderts anwesend. Er kämpfte im Spanischen Bürgerkrieg, erfand die Atombombe und das ist lediglich der Beginn der Geschichte, die Allan noch nach China, den Himmalaya, Iran, Russland, Korea, Indonesien und schließlich Frankreich führt. Dabei trifft Allan auf einen Großteil der Führer und Diktatoren des 20. Jahrhunderts.

Allan ist ein sehr naiver Mensch. Seine Grundhaltung ist, sich aus allem Politischen herauszuhalten. Das misslingt ihm zwar regelmäßig, er nimmt es jedoch nicht war. Es scheint ihm zudem unmöglich zu sein, Dinge in einen größeren Kontext einzuordnen. Stattdessen sieht er immer nur das aktuelle Ereignis und lässt zudem jedwede Ehrfurcht vor „Persönlichkeiten“ vermissen. Das ist unglaublich sympathisch. Interessanterweise ist es ihm am Ende seines schwedischen Abenteuers möglich, die Verbrechen, die er mit Freunden begeht, auf hochkomplexe Weise einem Staatsanwalt als friedvolle Tat zu verkaufen. Das lässt vermuten, dass er vielleicht doch immer mehr verstanden hat, als es den Anschein hat.

Faszinierend ist, dass die vielen absurden Szenen nie aufgesetzt wirken. Stattdessen hat man immer den Eindruck, so etwas hätte wirklich passieren können. Dabei ist der Großteil der  Szenen aus Allans Leben theoretisch völlig unmöglich.

Allans Flucht vor der Schwester Alice endet äußerst harmonisch. Zum Schluss können alle sympathischen Menschen, die Allan auf seiner Reise getroffen hat, ein neues Leben beginnen. Der äußerst komische, absurde und zu keinem Zeitpunkt langweilige Roman endet mit einem angemessenen Ende: Allans Hochzeit.

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