Dreh dich nicht um (von Karin Slaughter)

Auf dem Campus der Universität von Grand County wird die Leiche eines Studenten gefunden. Alles deutet darauf hin, dass er sich von einer Brücke gestürzt hat. Als Gerichtsmedizinerin Sarah Linton eintrifft, wird jedoch ihre schwangere Schwester Tesse auf dem Weg zur Toilette von einem Unbekannten schwer verletzt. In den Tagen darauf mehren sich die Selbstmorde an der Universität. Jeffrey Tolliver, der Polizeichef, will bald nicht mehr an Zufälle glauben und geht von Mord aus.

„Dreh Dich nicht um“ weist einen schwachen Plot auf. Studenten werden umgebracht, sie alle gehören irgendwie zusammen. Der Leser weiß rasch, dass es sich nicht um Zufälle handeln kann. Daher ist es keine Überraschung, als auch Beweise dafür auftauchen. Die vermeintlichen Selbstmorde sind skurril und gruselig. Hier setzt Karin Slaughter auf das bewährte Konzept, das ihren Nachnamen zum Programm macht.

Wie die vorherigen Bände wird auch diese Handlung durch die gelungenen Charaktere getragen und gerettet. Die ehemalige Polizistin Lena Adams arbeitet nun bei der Campuspolizei. Seit schweren Verwundungen und der Ermordung ihrer Schwester im ersten Roman der Reihe hat sie ernsthafte psychische Probleme. Dieser Roman konzentriert sich stark auf Lena. Deren irrationales und häufig selbstschädigendes Verhalten, ärgert häufig beim Lesen, wirkt im Rahmen dessen, was Lena durchgemacht hat, jedoch sehr glaubwürdig.

Auch die Beziehung zwischen Jeffrey und Sarah bleibt weiter spannend. Slaughter gelingt es, in mitten des Ganzen Wahnsinns noch Platz für Normalität zwischen den beiden zu schaffen. Die Versuche von Jeffrey und Sarah, so etwas wie Alltag zwischen den schrecklichen Ereignissen zu erleben, sind sehr gut zu lesen. Auch der Zorn, der in Sarahs Familie über Tessas Verletzung und den damit verbundenen Verlust des Kindes ausbricht, ist sehr überzeugend geschrieben.

Neben den drei wichtigsten Figuren, nimmt sich Slaughter auch die Zeit, sich mit den Nebenfiguren Grant Counties auseinanderzusetzen. In diesem Roman geht es dabei vor allem um häusliche Gewalt und wie damit umzugehen ist. Gerade die Schilderungen einer Psychologin, die sich selbst zu Hause dem Einfluss eines gewalttätigen, männlichen Arschloches nicht erwehren kann, sind dabei besonders eindringlich. Neben Sarah, Jeffrey und Lena wird der Roman also um die Schicksale vieler Bewohner und Kleinkrimineller des Counties angeheizt.

„Dreh dich nicht um“ kann nicht mit einem klugen Fall überzeugen. Es ist zwar ein ordentliches Maß an Spannung vorhanden, doch die Idee kommt nicht an die vorherigen Romane heran. Überzeugende und sympathische Charaktere, ein Geflecht aus Nebencharakteren und eine intensiv geschilderte Behandlung des Themas häusliche Gewalt machen den Roman dennoch zu einer spannenden und erschreckenden Lektüre.

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