Glückliche Mitte?

Aus den USA wird seit vielen Monaten hauptsächlich über die dortige Schuldenkrise und den Wettstreit republikanischer KandidatInnen um die Nominierung des republikanischen Präsidentschaftskandidaten berichtet. Vorgestern begannen die Vorwahlen. Am Tag darauf gab die einzige Kandidatin und schrillste Persönlichkeit, Michelle Bachmann, auf. Der „Caucus“ in Iwoa hat drei Gewinner hervorgebracht. Gewonnen haben ein Unternehmer, der als Gouverneur eine Gesundheitsversicherung einführte, Obamas Krankenversicherung aber sofort nach Amtsantritt abschaffen möchte. Gewonnen hat auch ein siebenfacher Familienvater, der strenggläubiger Christ ist, mit Homosexuellen so seine Probleme hat und zudem nicht wirklich an die Evolutionstheorie glaubt. Dritter Sieger ist ein fast schon fanatischer Libertärer, dessen Äußerungen sehr an frühere isolationistische Zeiten der USA erinnern, der den Staat am liebsten abschaffen möchte und in der Vergangenheit wohl auch mit antisemitischen Kommentaren aufgefallen ist. Klasse.

Beruhigend ist, dass außerhalb des Agrarstaat Iowa wohl nur Mitt Romney, der Unternehmer, eine Chance haben wird. Paradox ist, dass Romney sich nicht einfach nur von seinen Konkurrenten abgrenzen muss. Im Gegenteil: Seine früheren liberalen Positionen muss er verleugnen, um Stimmen zu erhalten. Mit Aussagen gegen das Recht auf Abtreibung und mit Hetze gegen Einwanderer wirbt man wohl Stimmen. Traurig ist, dass alle Kandidaten wohl eine Chance gegen den derzeitigen Präsidenten Obama hätten. Der führt derzeit zwar in allen Umfragen, jedoch nicht so haushoch, dass sich dies nicht wieder ändern könnte.

Der krasse Rechtsruck der Republikaner und die merkwürdige Akzeptanz der anti-Staats- und anti-Steuerforderungen zeigen, wie glücklich wir mit der mitte lastigen politischen Kultur in Deutschland sein können. Natürlich nervt es, dass Angela Merkel unterm Strich für keine Position länger als bis zur gegenteiligen Umfrage einsteht. Und natürlich wirkt es ungünstig, dass in vielen Punkten große Koalitionen sich einiger zu sein scheinen als die kleinen. Aber es ist auch beruhigend, dass ein Rechtsruck wie der der Union im Wahlkampf 2005 genau so bestraft wird, wie ein (vermeintlicher!) Linksruck der SPD in den Jahren der großen Koalition. Das verhindert manchmal, dass das Richtige getan wird. Es sorgt jedoch auch dafür, dass alle Akteure im Notfall miteinander kommunizieren können und dass es für eine Partei äußerst ungünstig ist, in ein Extrem abzudriften. Angesichts der skurilen Auswüchse der Republikaner in den USA beruhigt das schon ein wenig. Schließlich gibt es auch in Deutschland Kräfte, die es der Tea-Party zu gern nachmachen würden.

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