Pech-Expertise

Wenn Politiker etwas durchsetzen wollen, was keine möchte, helfen Studien. Mit etwas wissenschaftlichem Rat kann man fast alles prima verkaufen. Es ist zudem praktisch, dass man zwar für viel Geld Studien anfertigen kann, aber niemand gezwungen ist, diese auch zu veröffentlichen. Auf diese Idee sind auch Außenminister Guido Westerwelle und Minister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Dirk Niebel gekommen.

Als Generalsekretär wollte Niebel bekanntlich das Ministerium, das er nun bekleidet, abschaffen. Seine bisherigen zwei Amtsjahre waren davon geprägt, dass eer drei Entwicklungshilfeorganisationen zu einer neuen Organisation verschmolzen hat, die nun von der wirtschaftlich ausgerichteten dominiert wird. Doch damit nicht genug, nun soll die „Not- und Übergangshilfe“ an das Außenministerium abgetreten werden. Damit könnte er sich immerhin den Respekt seiner eigenen Mitarbeiter erwerben, die nun mit mehr Millionen spielen können. Alle Fraktionen kritisierten das abkommen.

Nun werden solche Ressortmauscheleien gerne von Studien begleitet. Aus Versehen muss Dirk Niebel jedoch eine kritische Studie unterlaufen sein. Denn das aktuellste Werk wird weder veröffentlicht noch in den Umbauprozess mit einbezogen. Das ist ungünstig für den Minister und es ist verständlich, dass berichtende Artikel zum Beispiel zeternde Grüne-Abgeordnete zitieren.

Dass teure Studien (Niebels hat über 600 000€ gekostet) nicht veröffentlicht werden, wenn das Ergebnis nicht stimmt, ist jedoch ein alter Hut. In diesem Fall herrscht ebenfalls Parteiübergreifende Einigkeit – solange man an der Regierung ist. Ein Beispiel für Grüne Studiengeheimniskrämerei ist Jürgen Trittin im Jahr 2004. Als grüner Umweltminister war er natürlich gegen Flussvertiefungen. Eine Bremer Studie brachte jedoch das Ergebnis, dass Flussvertiefungen sogar ein paar positive Auswirkungen auf die Umwelt haben. Trittin warf den Wissenschaftlern daraufhin vor, nicht richtig gearbeitet zu haben. Auch das ist ein bekanntes Verhaltensmuster: Solange Wissenschaftler zu den richtigen Ergebnissen kommen, haben sie Expertise. Falls nicht, haben sie falsch gearbeitet.

Der aktuelle Fall sollte zu einer Debatte über eine Veröffentlichungspflicht für Studien anregen. Wenn Steuergelder in die Erstellung wissenschaftlicher Werke fließen, müssen sie automatisch der Allgemeinheit zugute kommen. Das ist problematisch, weil nicht jeder die „Wissenschaftlichkeit“ einer Studie erkennt und nicht feststellen kann, ob eventuelle Vorwürfe über schlechtes Arbeiten zutreffend sind. Es ist aber dennoch nötig, damit wissenschaftliche Aufträge nicht nur dann genutzt werden, wenn sie passen. Wenn ein Politiker meint, er kann nicht ohne äußeren Sachverstand auskommen, dann muss er mit dem Ergebnis auch leben.

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