Wirtschaftskompetenz: – 6 000 000 000?

Es ist Mittwoch und das Wochenende hat in der Berichterstattung bereits keinen Platz mehr. Von den beschlossenen Steuersenkungen hört man nur noch, dass die SPD sie mit allen Mitteln blockieren möchte. Die Koalition hofft hingegen, dass die Bevölkerung dies nicht honorieren wird. Es steht damit jedoch fest, dass die Ergebnisse dieses Wochenendes so mickrig sind, dass nicht einmal die FDP sich traut, dies als großen Erfolg zu vermarkten.

Europa muss sparen, Deutschland verzichtet auf Geld. Dass Regierungspolitiker immer wieder auf das „Vorbild“ Deutschland verweisen, an dem sich andere Länder zu orientieren haben, wirkt jetzt noch merkwürdiger. Das Ergebnis der „Steuererleichterungen“ ist mager. Auf sechs Milliarden Euro verzichtet die Bundesregierung damit jährlich. Das klingt nach viel Geld, pro Kopf gerechnet sind das jedoch gerade einmal 73€. Sprich: Die Entlastung bringt zwischen 19€ (geringe Einkommen) und 116€ (hohe Einkommen). Die Entlastung dürfte gerade bei geringeren Einkommen für etwas Entlastung sorgen, ökonomisch vor allem in Hinblick auf die erhöhte Inflation und die erhöhten Beiträge zur Pflegereform nur sehr wenig bringen.

Steuersenkungen führen langfristig zu mehr Einnahmen, so lautete lange das Mantra der Liberalen. Davon hört man nichts mehr. Denn keiner glaubt wirklich, dass die jetzt beschlossenen Maßnahmen, wirklich zu einer deutlichen Verbesserung der Einnahmen führen werden. Stattdessen sollen hier lediglich unerwartete Mehreinnahmen an die Bürgerinnen und Bürger weitergegeben werden. Angesichts von circa 24 Milliarden neuer Schulden im letzten Jahr sowie einem drohenden Konjunktureinbruch, wirkt das fahrlässig.

Denn weniger Einnahmen bedeutet weniger politischen Spielraum. Das ist kritisch zu einem Zeitpunkt, an dem viele Menschen bereits das Vertrauen in die Leistungsfähigkiet der Politik verloren haben. Indem die FDP in der Regierung die Verschuldungslage verstärkt, macht sie mehr Entscheidungen „alternativlos“, was der Demokratie langfristig nicht gut tut.

Das Bitterste ist jedoch, dass die Liberalen aus den Steuersenkungen nicht einmal Kapital schlagen können. Auf der Website der FDP findet sich ein kleiner Hinweise, der von einem „Durchbruch“ spricht. Dabei dürfte die eigene Kernklientel, die sich deutliche Entlastungen gewünscht hat, zutiefst enttäuscht sein. Denn 116€ sind für sie nun einmal nur Peanuts. Die Profiteure dieser Steuersenkungen wiederum können sich noch gut an „spätrömische Dekadenz“ und ähnliche Äußerungen erinnern.

Wenn die FDP aus dem Umfragetief herauskommen möchte, sollte sie das Thema Steuersenkungen vergessen. Derzeit sind offensichtlich nicht die Spielräume für breite Steuersenkungen, hinter denen eventuell sogar eine ökonomisches Programm steht, vorhanden. Die Mini-Entlastungen schaden dem Staatshaushalt, schränken politischen Handlungsspielraum ein und wirken gegenüber der anstehenden Schuldenbremse geradezu fahrlässig. Der Verzicht auf Steuersenkungen muss dabei nicht Resignation für die FDP bedeuten. Stattdessen sollte die FDP ihre (angeblich) vorhandene Wirtschaftskompetenz nutzen, um vernünftige und glaubwürdige Maßnahmen zur Bewältigung der Euro-Krise in die Koalition einzubringen. Zu dem Thema hört man derzeit nur den Vorsitzenden Rösler, der Griechenland mal aus der Währungsunion, mal aus der EU werfen möchte und am nächsten Tag mit deutschen Investoren nach Griechenland reist. Das ist nämlich der eigentliche Fehler der FDP: In ihrer Kernkompetenz, der Wirtschaftspolitik, hat sie außer Steuersenkungen derzeit keine deutlichen Konzepte. Das ist schlecht.

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