Krisenbewältigung

Europa befindet sich am Abgrund und unsere Bundeskanzlerin reist von Gipfel zu Gipfel. Über diese hohen Gremien wird regiert, doch die Gremien selbst reagieren nur. Jedes Mal schnüren die anwesenden Staatschefs, Finanzminister oder Wirtschaftsminister mühsam einen Minimalkompromiss, mühen sich ab, diesen durch die nationalen Parlamente zu bringen und stellen dann fest, dass das wenig Erreichte bei weitem nicht ausreicht. Eine „klare Linie“ ist dadurch nicht möglich. Jede Maßnahme scheint nur punktuell zu fruchten und die Probleme nicht an ihren Wurzeln zu packen.

Die deutsche Außen- und Finanzpolitik zeichnet sich dabei durch überraschende Ideenlosigkeit und Naivität aus. Selbst die konservative Welt stellte gestern fest, dass die Regierung seit Beginn der griechischen Finanzkrise mit erschreckender Naivität agiert. Alles in allem fehlen vor allem ganzheitliche Konzepte und Visionen, mit denen die derzeitige fatale Lage verbessert werden kann.

Die Opposition hat im Sommer so einen Vorschlag gemacht. „Eurobonds“ lautete der Kampfbegriff. Dabei wollte man eine gemeinsame europäische Anleihe ausgeben und die Zinsen somit auf ein gemeinsames Niveau für alle Euro-Mitgliedsstaaten bringen. Dies wurde natürlich von der FDP abgelehnt, was eine Ablehnung durch die Unionsparteien zur Folge hatte. Die SPD erklärte dennoch ihr Konzept prominent auf ihrer Website und auch die Grünen vertraten die Idee. Doch dann musste der Euro-Rettungsschirm durch das Parlament gebracht werden und die Oppositionsparteien verstummten. Stattdessen gerieren sie sich nun als staatstragende Ersatzregierung im Wartestand. Von einem eigenen Konzept ist nichts zu spüren. Nach der Regierung versinkt somit auch die Opposition in Ideenlosigkeit.

Also ist es nun die Sache der „Experten“ geworden, Auswege aufzuzeigen. Der „Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung“, dessen Mitglieder meist „Wirtschaftsweise“ genannt werden, hat gestern einen solchen Ausweg vorgestellt. Die gelungenste Darstellung der Forderung nach einem „Eurofond“ ist in der taz erschienen. Die Wirtschaftsweisen lehnen Eurobonds, also dauerhafte europäische Anleihen, ab. Stattdessen soll ein streng kontrollierter, versicherter Fond entstehen, bei dem es eine realistische Möglichkeit gibt, dass die Schulden auch abgebaut werden. Finanziert soll der Schuldenabbau durch einen kollektiven Aufschlag auf die Mehrwertsteuer der Schuldenländer. Das würde bedeuten, dass die Verbraucher und Konsumenten der Euro-Länder für den Schuldenabbau sorgen. Das ist ungerecht, aber immerhin ein Vorschlag, wie man die krasse Verschuldung einiger Länder lösen kann.

Selbstverständlich lehnte die Bundeskanzlerin dieses Konzept jedoch ab. Auf ein eigenes, tragfähiges Konzept der Bundesregierung wartet die Bevölkerung jedoch noch immer vergebens. Andererseits scheint es derzeitt in der Bundesregierung auch keine weiseren Weisen als die nicht immer weisen Wirtschaftsweisen zu geben.

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