Schutzmacht FDP?

Welt Online veröffentlichte gestern einen Kommentar, der die Grünen heftig kritisierte. Mit ihrem neuen Steuerkonzept, das unter anderem auch Besserverdienende belastet, verrate die Umwelt-Partei ihre eigenen Wähler. Das ist in mehrfacher Hinsicht Schwachsinn. Denn die Grünen wollen eine ökologische Wende in unserer Gesellschaft, ja sie wollen sogar eine nachhaltige Gesellschaft. Das wird nicht ohne Einbußen und Verzicht möglich sein – auch wenn manche Grüne dies schon mal vergessen haben. Sicherlich macht ein höherer Spitzensteuersatz noch keinen ökologischen Ausgleich. Aber die Anstrengungen, die auf dem Weg zu einer nachhaltigen Gesellschaft anstehen, werden so oder so immens sein. Wer das nicht im Hinterkopf hat, ist bei den Grünen eh fehl am Platz.

Der Artikel ist also mal wieder ein typischer Artikel des eher populistischen Meinungsressort der Welt. Ein Satz fällt in dem Kommentar jedoch auf:

„Mit dem Schwächeln der FDP haben sie [die Vermögenden und Wohlhabenden] ihre entschlossenste Schutzmacht verloren.“

Hier gräbt die Welt einen alten Mythos aus, der wohl zum derzeitigen Niedergang der FDP geführt hat. Die FDP war die Vorreiterin der neoliberalen Bewegung in Deutschland. Dennoch hat sie es in 29 Regierungsjahren (1969 bis 1998) geschafft, den Spitzensteuersatz auf 53% zu erhöhen. Diese hohe Ziffer wurde erst von rot-grün rückgängig gemacht. Auch die Vermögenssteuer, gegen deren Wiedereinführung sich die FDP heftig wehrt, wurde erst 1997 abgeschafft.

Die derzeitigen Pläne bedeuten also längst keinen „Sozialismus light“, sondern lediglich die Rückkehr zu einem System, das die Liberalen selbst lange Zeit aufrecht gehalten haben. Andererseits ist es natürlich unfair, eine Partei für mehr als 13 Jahre zurückliegende Taten zu beurteilen. Aber auch heute ist die FDP nicht die „entschlossenste Schutzmacht“, als die sie gern gesehen wird.

Der Niedergang der FDP ist nämlich nicht dadurch ausgelöst, dass ein Großteil der knapp 15% von denen sie 2009 gewählt wurde, gemerkt haben, wie unsozial die Partei agiert. Der krasse Abschwung in den Umfragewerten wurde vor allem dadurch ausgelöst, dass die FDP sich eben nicht als Schutzmacht und Förderin von Leistungsträgern und Besserverdienern präsentiert hat. Wenn die Welt schreibt, dass die Dämonisierung von Wohlhabenden in eine neue Phase tritt, dann gibt es dafür einen Schuldigen: die FDP.

Denn die Partei hat gerade einmal drei Monate nach ihrer Wahl mit dem Wachstumsbeschleunigungsgesetz auf dreiste Weise gezeigt, für wen sie sich einzusetzen gedenkt. Zwar hat sie mit der deutlichen Erhöhung des Kinderfreibetrags ein Zeichen an Besserverdienende gesetzt, mit ihrer krassen Klientelpolitik für Hoteliers hat sie jedoch auch deutlich gemacht, dass ihr wirtschaftliche Patronage weitaus wichtiger ist. Mit dem eigentlichen neo-liberalen Weltbild von freien Marktkräften hatte das freilich nichts zu tun. Stattdessen hat die FDP damit einen Großteil ihrer Sympathien verspielt und für viel Abneigung gegen ihr Klientel gesorgt.

In den vergangenen zwei Jahren hat sie nichts getan um sich und ihr Klientel in ein besseres Licht zu hüllen. Stattdessen überrascht sie mit kopf- und konzeptloser Politik, bei der niemand vorhersagen kann, was als nächstes kommt. Anstatt freier Märkte entscheidet sie sich regelmäßig zwischen der Bevorzugung bestimmter Gruppen über andere (zuletzt Ärzte gegenüber Pharmaunternehmern), steht auch neuen Gebühren nicht generell im Weg (Diskussion über die PKW-Maut) und patzt auf ihrem angeblichen Kerngebiet der Wirtschaftspolitik (Röslers griechischer Schlingerkurs). Da die FDP nun einmal als Schutzmacht für Besserverdienende gesehen wird, stehen diese dadurch selbst in einem schlechten Licht. Das einstmalige Dauerthema der Liberalen, die Steuersenkung, wird dadurch autmatisch umgekehrt. Denn für die meisten ist das Gegenteil von dem, was man schlecht findet, nun einmal gut.

Die FDP hat sich also weder in frühen Regierungsjahren besonders als Schutzmacht für Besserverdienende hervorgetan, noch tut sie es jetzt. Im Gegenteil, durch ihre schlechte Politik sorgt sie viel mehr dafür, dass ein Klima geschaffen wird, das neue Belastungen begünstigt. Von ihren Ideen konnte sie bislang enorm wenig umsetzen, wenn dann gelang ihr Wirtschaftspatronage, was jedoch ihren Grundidealen widerspricht.

Es scheint als sei die FDP nur in der Opposition ihrem Klientel wirklich nützlich. Denn dann können sie durch scharfe und einseitige Parolen die Regierung eventuell daran hindern, die Besserverdienenden aus dem Blick zu verlieren. In der Regierung aber ist die FDP zur Zeit außer einigen Wirtschaftsgruppen niemandem mehr eine Hilfe.

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