Apocalypsis

Das E-Book und andere digitale Verwertungsformen verunsichern die Verlage weltweit. Der Luebbe-Verlag in Deutschland versucht deswegen ein altes Konzept in das digitale Zeitalter zu retten. Der Bastei-Verlag, ein Bestandteil von Luebbe, wurde einst durch Heftromane erfolgreich. Dabei handelte es sich um Roman, die in Heftform herausgegeben wurden, zwischen 50 und 70 Seiten umfassten und Serien- beziehungsweise Zyklenartig aufgebaut waren. Heftromane gibt es immer noch, sie werden nur von kaum jemanden mehr gelesen. Waren sie einst die kurze Unterhaltung mit schlechtem Image für zwischendurch, mussten sie schnell diversen Fernsehserien weichen. Als Lesen dann immer uncooler wurde, verloren sie jugendliche Leser und fristen heute ein Schattendasein.

Das könnte sich nun ändern. Denn Luebbe bietet mit „Apocalypsis“ seit einer Woche den ersten „Webnovel“ an, der auffällig viele Ähnlichkeiten mit früheren Heftromanen hat.

Das Konzept

Der Autor Michael Giordano schreibt die Geschichte „Apocalypsis“. Einmal in der Woche erscheint eine neue, etwa 40-seitige Episode. Die einzelnen Episoden werden als E-Book in diversen Formaten, als Hörbuch und für Smartphones auch als Mischung aus beidem angeboten. Zwölf Episoden bilden eine Staffel, die später auch gedruckt erscheint.

Eine ganz normale Text-Version im E-Book-Reader-Format epub kostet dabei 1,49€, Hörbücher können bis zu 1,99€ kosten. Den Prolog gibt es zum Reinschnuppern kostenlos.

Die Geschichte

Natürlich ist noch nicht ganz klar, worum es geht, lediglich der Rahmen ist nach dem Erscheinen des Prologs und der ersten Episode bekannt.

„Apocalypsis“ erzählt von einer Verschwörung, die rund um den Vatikan und die katholische Kirche stattfindet. Der Papst ist zurückgetreten und der Journalist Peter Adams versucht herauszufinden, warum. Gleichzeitig geschehen merkwürdige Morde im Umfeld des Papstes und Peter Adams hat die Version, dass der Vatikan während der Papstwahl vernichtet wird.

Erzählstil

Der Erzählstil lehnt sich stark an Heftromane an. Die Story ist gradlinig und schnell erzählt. Gerade der Prolog weist ein irrwitziges Tempo auf und auf den 40 Seiten geschieht sehr viel. Die erste Episode nimmt zwar etwas Tempo aus der Geschichte, kann dem Leser aber dennoch ein ordentliches Erzähltempo bieten.

Im Gegensatz zu einem Heftroman, der oft eine abgeschlossene Geschichte erzählt, die dann mit anderen Romanen ein Gesamtbild ergibt, handelt es sich bei „Apocalypsis“ jedoch wirklich um Episoden. Daher kann man nicht davon sprechen, dass Geschichten pro Ausgabe erzählt werden. Das liegt an dem geringen Seitenumfang.

Denn man kann nicht davon sprechen, dass die 4o-Seiten wirklich 40 gedruckten Seiten entsprechen. Während auf den ca. 60 Seiten eines Heftromans mit zwei Spalten pro Seite und relativ kleiner Schrift gearbeitet wird, hat man hier natürlich einen Fließtext und außerdem eher große Schrift. Dadurch ist man in kürzester Zeit mit dem Text durch und hat das Gefühl, eher einen Appetithappen vorgesetzt zu haben, als eine Geschichte.

Der Preis

Daher ist es auch fraglich, wie viele Leute wirklich auf Dauer bereit sind, den Preis von 1,49€ pro Episode zu bezahlen. Denn bei zwölf Episoden kommt man so auf 17,88€, wofür man auch schon so manches Hardcover-Buch bekommen kann. Zwar ist es über den geringen Seitenumfang möglich, mit relativ wenig Zeitaufwand am Ball zu bleiben. Andererseits wäre es unter diesen Umständen vielleicht sinnvoll gewesen, den Preis unter die psychologische 1€-Grenze zu drücken und den Preis der meisten Lieder zu fordern – nämlich 99 Cent.

Altbackene Story?

Nach der Ankündigung der Geschichte wurde schnell geunkt, dass man nur auf den „Dan Brown“-Zug aufspringen möchte und einen billigen Abklatsch produziert. Der Prolog und die erste Episode zeigen bis jetzt jedoch, dass das nicht wahr ist.

Natürlich ist der Kirchenthriller erst durch Dan Brown populär geworden. Aber Apocalypsis hat durchaus eigene Aspekte. Schon jetzt sind die Fronten sowohl klarer als auch vielschichtiger als zu Beginn mancher Brown-Romane. Denn es ist klar, dass die Geschichte sich um die Kirche handelt und viele Akteure sind schon bekannt. Andererseits ist nicht klar, wer hinter welchem Vorfall steckt. Hat der zurückgetretene Papst seinen Privatsekretär ermorden lassen? Oder war es sein Stellvertreter und ärgster Rivale? Oder war es eine dritte Kraft? Von dieser Art Fragen gibt es noch eine Reihe mehr. Selbst wenn es sich bei „Apocalypsis“ also nur um einen Abklatsch handelt, wäre es also ein Guter.

Und zuletzt geht es in dieser Geschichte auch um deutlich mehr. Das Problem ist nicht, dass ein größenwahnsinniger Priester Papst werden möchte und es geht auch nicht um ein Artefakt. Stattdessen steht der Untergang der Welt auf dem Spiel. Diese Übetreibung ist durchaus typisch für heftromanähnliche Erzählformen und unterscheidet die Serie etwas von Brown.

Allerdings hat die Story einen ganz, ganz großen Störfaktor. Sie ist nämlich zeitlich determiniert. Zu Beginn vieler Kapitel steht das genaue Datum und das ist das Jahr 2011. Das wirkt einfach albern. Zwar hat man mehrfach das Gefühl, der zurückgetretene Papst (der ebenfalls aus Deutschland kommt) soll bewusst als Anti-Ratzinger dagestellt werden, um zu zeigen, was alles nach dem Tod von Johannes Paul dem II. hätte passieren können. Doch selbst wenn das die Absicht ist, ärgert das nichts an der Tatsache, dass die Jahresangabe extrem irritierend ist.

Fazit

Der Prolog und die erste Episode haben ihre Aufgabe eigentlich gut erfüllt. Es wird eine nicht unbedingt revolutionär neue und anspruchsvolle, aber dafür unterhaltsame und spannende Geschichte erzählt, von denen jeder Abschnitt mit einem gelungenen Cliffhangar endet. Allerdings muss man ehrlich sagen, dass das Preis-Leistungs-Verhältnis nicht stimmt. Für 1,49 bekommt man bei Itunes auch Serienfolgen, die selbst langsame Leser etwas länger unterhalten dürften. Es wäre schade, wenn der Testballon gerade an diesem überhöhten Preis scheitern würde. Ich werde noch ein- bis zwei weitere Episoden verfolgen. Aber für 17,88 für geschätzte 300 Seiten (in Druckform umgerechnet) erwarte ich doch mehr, als einfach nur ganz gut unterhalten zu werden.

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