Nationale Bildung und Entschuldung?
|In der Politik geht es oft um die richtige Sprache. Ein gelungenes Beispiel dafür ist die Bürgerversicherung. Bei ihr handelt es sich eigentlich um ein linkes Projekt. Das Wort setzt sich jedoch aus den zwei eher konservativ besetzten Wörtern „Bürger“ und „Versicherung“ zusammen, wodurch es auch für Anhänger des angeblich bürgerlichen Lagers nicht komplett fremd klingt. Um Wahlen zu gewinnen, ist es meist nötig, die eigenen Ideen in eine auch für Anhänger des anderen Lagers verständlichen Sprache zu übersetzen.
In den vergangenen zwei Wochen scheint die SPD genau dies mal wieder zu versuchen. Diesmal benutzt man aber eine eher unangemessene Wortwahl. Die SPD hat ein neues Steuerkonzept vorgelegt, dass die Staatseinnahmen verbessern soll und somit mehr Ressourcen für die Bildung und die Entschuldung frei stellen soll. Eigentlich eine gute Idee. Nur wird das Projekt „national“ und „sozial-patriotisch“ beworben.
Scheinbar denkt man in der sozialdemokratischen Führungsspitze nämlich, dass man unbedingt nationale Tendenzen aufgreifen muss, um das Steuerkonzept zu bewerben. Ganz falsch ist das vielleicht nicht. Denn Steuererhöhungen wurden in den letzten Jahren immer in die Ecke „linke bis sehr linke“-Forderungen gestellt. Daher wurden sie von recht bis mitte links eher skeptisch beurteilt. Worte wie „national“ und „patriotisch“ findet man jedoch eher in der konservativen Ecke. Insofern erhofft man sich von der Wortwahl nun wahrscheinlich ein Signal an Konservative. „Schaut her, uns geht es um das Wohl Deutschlands“, möchte man vermitteln.
Dennoch wirkt der Versuch etwas merkwürdig. Warum bedarf es eines „nationalen“ Paktes für Bildung und Entschuldung? Lediglich der zweite Teil könnte europäisch gelöst werden, ersteres ist aber gar nicht im nationalen Aufgabenbereich, sondern Ländersache. Hier wäre es viel klüger, auf überzeugende Art und Weise die Länder mit einzubinden, als etwas von einem nationalen Pakt zu schwadronieren.
Ähnlich merkwürdig mutet die Konstruktion eines sozial-patriotischen Projektes an. Die Bundes-Jusos haben sich vor kurzem mal gefragt, was damit überhaupt gemeint ist. Ihr Fazit ist ernüchternd, für den sozialen Patriotismus könnte man auch einfach soziale Gerechtigkeit verwenden. Nur hätte man dann keinen „nationalen“ Bezug mehr, der nicht SPD-Anhänger eventuell ansprechen könnte.
Es ist aber fraglich, ob die Strategie, das Steuerkonzept möglichst national zu verkaufen, wirklich aufgeht. Die Wortwahl soll zusammenschweißen, aber das sollte und könnte mit Appellen an die Solidarität und das Gerechtigkeitsempfinden genau so gut gelingen. Denn dass Millionäre nun mehr Steuern zahlen wollen, muss nicht Ausdruck eines „sozialen Patriotismus“ sein, sondern kann einfach aus einem Gerechtigkeitsgefühle entspringen.
Die nationalen Worthülsen beim Steuerkonzept der SPD sind unverständlich, inhaltlich wenig begründet und damit weitestgehend unsinnig. Statt nationale Tendenzen anzusprechen, sollte man lieber versuchen das eigene Steuerkonzept mit griffigen Argumenten statt mit Floskeln zu füllen.