Bemühte Gefühle statt Inhalte

http://www.youtube.com/watch?v=zfP1qgxwTB8

Jahrelang wurde immer wieder darüber spekuliert, wann Günther Jauch unter die „Talker“ geht, gestern war es endlich so weit. Das Thema, ob der Afghanistan-Krieg gerechtfertigt war, war am elften September wohl alternativlos. Die Herangehensweise war es scheinbar auch, sie unterschied sich nämlich in keiner Weise von bisherigen Talkshows. So wurde versucht, Gefühle zu erzeugen und gleichzeitig die Sinnhaftigkeit des Krieges zu diskutieren. Letztendlich gelang keins von Beidem.

Das lag nicht unbedingt an Günther Jauch. Mit seinen Gästen war es eigentlich unmöglich, darüber zu diskutieren, ob es „richtig war, in den Krieg zu ziehen“. Denn was haben Elke Heidenreich und Jürgen Kliensmann zu dem Thema zu sagen? Eigentlich nur, wo sie am elften September waren und wie sie die Mentalität „der Amerikaner“ einschätzen. Hinzu kamen der Vorstandsvorsitzende der Axel Springer AG und Jürgen Todenhöfer, deren Positionen komplett unterschiedlich sind, denen aber nicht die Zeit eingeräumt wurde, ihre Positionen ausführlich zu begründen. Abgerundet wurde die Runde durch Peter Struck, der immer mal wieder ein Zitat von sich verteidigen oder ein anderes bewerten durfte.

Insgesamt fand sich in der Runde also kein aktiver Politiker. Daher konnte man auch nicht darüber diskutieren, wie es in Afghanistan weitergehen sollte. Aber das Thema war ja auch, ob der Einsatz überhaupt gerechtfertigt war. Dazu gab es zwei „Nein“-Stimmen (Heidenreich und Todenhöfer), zwei „Ja“-Stimmen (Struck und Döpfner) und eine „Der Amerikaner konnte nicht anders“-Stimme (Kliensmann). Das hatte man schnell ausgetauscht, danach wurde mit Plattitüden um sich geworden. Gepflegte Langeweile in der Runde.

Das Konzept der Sendung war damit jedoch noch nicht erschöpft. Viel mehr holte sich Günther Jauch noch zwei weitere Gäste dazu. Dabei handelte es sich einmal um Marcy Borders, die über ihre Flucht aus dem einstürzenden World Trade Center berichten durfte, und um Tanja Menz, die ihren Sohn in Afghanistan verloren hatte. Interessant war dabei vor allem letztere, die einen überraschend versöhnlichen und differenzierten Blick auf die Ereignisse in Afghanistan hat und wohl die qualitativ hochwertigsten Beiträge in einer sehr mauen Debatte lieferte. Der Einsatz der Sonder-Gäste war allerdings sehr schwach. Borders wurde am Anfang befragt und dann ins Publikum gesetzt. Menz wurde in die Runde aufgenommen, nur um die Runde danach wieder zu schließen. Besser kann man Potential nicht ungenutzt lassen.

Die Einspieler versuchten Dramatik aufzubauen, was allerdings meist nicht besonders informativ war.

Letztendlich war Günther Jauchs erste Debatte wenig zielführend. Keine Handlungsträger, keine differenzierten Meinunge, sondern nur Extreme – dabei konnte es kein Ergebnis geben. Außerdem war die Perspektivenauswahl sehr begrenzt und das Thema nicht genügend abgegrenzt. Zu lange hat die Runde nämlich über den elften September an sich geredet und dabei einfach nur durchgeleiert, wo jeder an besagtem Tag war. Aufs eigentliche Thema kam man so spät, dass keine Zeit mehr zum Diskutieren gab. Außerdem fehlten aus dieser Sicht einige Diskutanten. Warum redet die Mutter eines gefallenen Soldaten, wenn es auch interessant wäre, wie ein Soldat den Einsatz sieht? Wo bleibt die afghanische Perspektive? Wo bleibt die muslimische Perspektive, wenn man über Islam und Islamismus redet? Die Runde war viel zu einseitig besetzt, um für eine vernünftige Diskussion zu sorgen.

Spannend war lediglich die Diskussion darüber, ob man mit dem Krieg in eine Falle von bin Laden gegangen sei. Die Diskussion wurde aber rasch auf andere Themen abgelenkt, sodass wieder Allgemeinplätze ausgetauscht wurden. Zu einer Unterhaltung über die Zukunft des Landes kam es – auch aufgrund der schwachen Fragestellung – nicht.

Dabei war Günther Jauch nicht schlechter als seine vielen Kollegen aus anderen Talkshows. Er war allerdings auch nicht besser.

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