100 Fragen & Antworten

Die Berliner CDU ist fast schon ein hoffnungsloser Fall. Nach über zehn Jahren, in der das Schreckgespenst der Konservativen, nämlich rot-rot, regiert, dümpelt sie in einigen Umfragen bei unter 20%. Ein Jahrzeht voller Zwiste und ohne Ideen. Scheinbar hat sich daran auch jetzt nichts geändert, denn die Union pendelt in ihren Forderungen (zumindest der – nicht ganz unparteiischen – Taz zufolge) regelmäßig zwischen einem anbiedern an grün-schwarz und rot-schwarz hin und her.

Doch hinsichtlich ihrer Wahlkampfstrategie haben sie ein paar Ideen, die durchaus aufmerksam machen.

Zunächst einmal haben sie ihr Wahlprogramm mithilfe des Bürgers gestaltet. Das ist nichts neues. Die SPD hat das in Bremen bereits gemacht. In Berlin hat die CDU jedoch einen weitaus einfacherern Weg gewählt. Der Bürger musste nicht inhaltlich Texte schreiben. Stattdessen musste er einfach nur Probleme Berlins in Form von Fragen benennen. Außerdem konnte er abstimmen, welche Fragen besonders wichtig für Berlin sind. Daraus entstand ein Katalog von 100 Fragen und einigen Ergänzungsfragen, die nun von der CDU beantwortet wurden.

Inhaltlich habe ich mich mit den Antworten nicht auseinandergesetzt. Und man kann sicher einwenden, dass es viel bürgerfreundlicher wäre, wenn man auch bei den Antworten mitreden könnte. Aber die von der Berliner CDU gewählte Methode hat einige wirklich positive Eigenschaften. Denn es ist weitaus einfacher, eine Frage zu stellen und ein paar Fragen zu bewerten, anstatt selbst einen Text zu verfassen oder zu überarbeiten. Die Beteiligung dürfte sich dadurch erhöht haben.

Aus den Fragen mit ihren Antworten entstand ein ungewöhnliches Wahlprogramm. Natürlich ist es mit 78 Seiten relativ lang. Aber es ist nicht in die bekannten Oberthemen „Sicherheit, Arbeit, Wirtschaft etc.“ eingeteilt, sondern arbeitet sich an den 100 Fragen ab. Das macht den Aufbau recht interessant.

Zu guter letzt wählt die Berliner CDU noch eine besondere Verteilungsform ihres Wahlprogramms. Wahlkämpfe sind Materialschlachten. Jede Partei verbarrikadiert sich Samstagsmorgen auf dem Marktplatz und verteilt ein paar Stunden lang ihr Wahlprogramm an so viele Menschen wie möglich. Das meiste Material landet im Müll, entweder weil es übrig ist oder weil die Bürger es gleich wieder wegwerfen. Gerade die Grünen tun sich bei dieser Materialschlacht mit besonders dicken Wahlprogrammen und besonders viel Papier hervor.

Die CDU geht nun einen anderen Weg. Sie hat 1000-Kioske mit 15 000 Wahlprogrammen beliefert. Die Kioske erhalten die Programme kostenlos, sollen dafür aber 50 Cent für sich selbst verlangen. Diese Schutzgebühr soll dazu dienen, dass eben nicht jeder wahllos ein Wahlprogramm mitnimmt, sondern nur diejenigen, die sich auch dafür interessieren.

Das ist in zwei Punkten schlecht. Es ist eine schlechte Tendenz, dass man für politische Programme zahlen soll. Dem kann man jedoch entgegnen, dass das Wahlprogramm auch kostenlos im Internet einsehbar ist und auf Wunsch sogar kostenlos per Post zugeschickt wird. Zweitens ist die Auflage zu klein. Es gibt theoretisch nicht für jeden Berlinerr ein Exemplar. Das ist aber nur realistisch. Denn in den meisten Wahlkämpfen liest nur ein Bruchteil der Wähler die Programme der Parteien. Die meisten erhalten sie gar nicht erst oder schmeißen sie – wie erwähnt – schnell weg.

Die Vorteile überwiegen in diesem Fall. Man minimiert den Papiermüll. Und vor allem macht man das Wahlprogramm für eine längere Zeit verfügbar. Denn normalerweise erhält man es nur an den Ständen der Partei. Aufgrund sinkender Mitgliederzahlen der Partei gibt es davon aber immer weniger. Es wird selbst für den interessierten Bürger im schwieriger an gedruckte Programme zu kommen, solange er nicth Samstagmorgens einkaufen geht. Daher ist es eine gute und richtige Idee, an die Kioske zu gehen.

Wie bereits erwähnt, habe ich das CDU-Wahlprogramm nicht gelesen. Was man von der Berliner CDU hört, lässt vermuten, dass es ein unheitlicher Mix aus Anbiederungen sowohl an die Grünen als auch an die SPD ist. Beim Lesen des Inhaltsverzeichnis fällt auf, dass wieder einmal viele Thesen hinsichtlich „zu viel Kriminalität“ aufgeworfen werden. Aber es gibt auch interessante Ergänzungsfragen. Zum Beispiel möchte die CDU kostenloses W-Lan in ganz Berlin bis 2012 anbieten. Dieser Vorschlag lässt sich wahrscheinlich in die Kategorie „populistischer Versuch Jungewähler anzulocken“ einordnen. Aber die Tatsache, dass man auf solche Vorschläge allein durch das Lesen des Inhaltsverzeichnis kommt, zeigt, dass das Konzept funktioniert. Denn das Kapitel „Internetentwicklung in Berlin“ hätte mich sicherlich nicht zum Lesen animiert.

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